Cosima Lipps

Die Vermittlerin der deutschen Sprache

In den Deutschkursen machten Geflüchtete zum ersten Mal die Erfahrung, dass man mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Hautfarbe gut zusammenarbeiten und gemeinsam Schwierigkeiten überwinden kann, sagt Cosima Lipps.
Cosima Lipps beim Deutschunterricht für Geflüchtete im Begegnungshaus auf dem Urteilsplatz – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Im Interview berichtet Cosima Lipps, pensionierte Lehrerin, über ihr Engagement für Geflüchtete. Sie ist eine der ehrenamtlichen Helferinnen der ersten Stunde. Schon 2014, vor der großen Flüchtlingswelle, leitete sie einen Deutschkurs für Geflüchtete in der Sammelunterkunft in der Geroldsecker Vorstadt 81.

An den Herbst 2015 erinnert sie sich als an eine Zeit dramatischer Ereignisse: „Alle, vor allem Kommune und Kreis, standen vor Riesenherausforderungen. Fast täglich kamen neue Flüchtlingsgruppen an, die untergebracht, eingekleidet und ernährt werden mussten. Am schwierigsten war aber natürlich die Situation der Geflüchteten selbst. Häufig waren sie traumatisiert. Sie mussten sich in einer völlig unbekannten Umgebung zurechtfinden. Angesichts der Not mussten wir einfach versuchen zu helfen.“

Cosima Lipps (links) zu Gast beim Dankeschönfest der Stadt am 29. September 2017 und im Gespräch mit Sozialarbeiterin Monika Brede – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Cosima hatte die Idee des Benefizkonzertes im Stiftsschaffneikeller, das sie zusammen mit Charlotte Verrel-Bennecke und Heimfried Furrer organisierte. Berührt von der großen Resonanz der Lahrer Bevölkerung fühlten die Drei und ihre Helferinnen und Helfer sich ermutigt, einen Freundeskreis Flüchtlinge Lahr (FFL) zu gründen, in dem nun viele Lahrer Bürger seit Jahren aktiv sind, um Geflüchtete zu unterstützen.

2016 machte sie mit den Deutschkursen weiter – die ihr viel Freunde gemacht haben, wie sie sagt. „Die ‚Schüler‘ kamen freiwillig und waren hochmotiviert. Sie machten während des Kurses zum ersten Mal die Erfahrung, dass man mit Menschen unterschiedlicher Herkunft und Hautfarbe gut zusammenarbeiten und gemeinsam Schwierigkeiten überwinden kann.“ So beschreibt Cosima ihren positiven Eindruck. Und als einen der Unterrichtserfolge kann sie verzeichnen, dass am Ende fast allen Teilnehmerinnen die Aussprache des Wortes Streichholzschächtelchen gelang.

Cosima Lipps betont den Wert der zahlreichen monatlichen Vollversammlungen des Freundeskreises Flüchtlinge, die die vielen Helfer auf dem Laufenden gehalten, Erfahrungsaustausch ermöglicht und Entscheidungen und Initiativen auf den Weg gebracht haben. Durch das harmonische Miteinander auf Augenhöhe seien die Helfer gestärkt worden. Und die Spendenbereitschaft der Lahrer Bevölkerung habe sie beflügelt. Und weiter: „Ein schöner Nebeneffekt, sagt sie, manche Mitstreiter sind zu Freunden geworden.“

Cosima Lipps (links) im Gespräch mit Besucherinnen des Forums für Flüchtlingshilfe am 23. Januar 2016 im evangelischen Gemeindesaal auf dem Doler Platz – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Die Situation der Lahrer Geflüchteten sieht sie als sehr unterschiedlich und nur teilweise positiv an: „Den Flüchtlingen in Anschlussunterbringung geht es natürlich besser als 2015. Sie sind in der Kita, in der Schule, im Deutschkurs, in der Ausbildung, im Job. Ihre Deutschkenntnisse verbessern sich fortwährend.“ Aber Cosima Lipps sieht noch viele Probleme und betrachtet die Lage der meisten Frauen als immer noch nicht zufriedenstellend: „Ihre Chance, Deutsch, vielleicht sogar einen Beruf zu erlernen und sich schneller integrieren zu können, ist wegen ihrer Familienpflichten weiterhin gering. Sie leben häufig völlig isoliert von der heimischen Bevölkerung.“ Da sei noch viel zu tun. Und die Situation der Geflüchteten auf dem Flugplatz sei besorgniserregend, ohne dass die Lahrer Bevölkerung die bemerken würde. Hier stoße der FFL an seine Grenzen, und nur staatliches Umdenken könne helfen.

Auch ihre Antwort auf die Frage, welche Erfahrungen beim Kontakt mit den Hauptberuflichen in der Flüchtlingsarbeit sie gemacht habe, fällt differenziert aus: „Mit Sozialarbeiterinnen und Integrationsmanagerinnen arbeiten wir seit Jahren vertrauensvoll zusammen. Nicht immer konstruktiv war die Kooperation mit den Verantwortlichen des Ortenaukreises. Da gab es oft sehr unterschiedliche Einschätzungen der Lage und der notwendigen Initiativen. Die Expertise unserer großen Gruppe von Ehrenamtlichen wurde häufig nicht adäquat berücksichtigt. Von Augenhöhe konnte selten die Rede sein.“

Cosima Lipps pausiert zur Zeit coronabedingt mit ihrem Deutschunterricht, ist aber weiterhin aktiv an den Diskussionen und Planungen des Freundeskreises Flüchtlinge beteiligt.


Erinnerungen an 2015

Info: Wer sich die insgesamt sechs Texte über das dramatische Jahr 2015 lieber gemütlich im Lesesessel statt am Computer zu Gemüte führen will, kann sie sich auch ausdrucken. Einfach das Drucken-Symbol am Ende der Seite betätigen.

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