Das Café international im interkulturellen Garten ist das Herzeigeprojekt des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr und ein toller Erfolg. Das zeigt sich auch daran, dass dem Freundeskreis am 18. September 2023 für das Café der Ortenauer Integrationspreis verliehen worden ist. Einen detaillierten Eindruck davon, was in den Freitagnachmittagen des Cafés stattfindet, bekommt man, wenn man das Tagebuch liest.

22. September 2023
Es braucht Fahrradständer
Wir brauchen Fahrradständer: zahlreiche Räder und gut 50 Besucherinnen und Besucher bei gutem Café-Wetter.
Wie bestellt, hat die Sonne es den zahlreichen Kindern Freude gemacht, im Garten zu spielen. Eine Erweiterung des Interkulturellen Gartens wäre im Interesse der Geflüchteten und ihrer Familien mehr als wünschenswert.
Auch die meisten anderen Aktivitäten finden im Freien statt: Die Plätze an den Biertisch-Garnituren und unter dem Feigenbaum sind voll besetzt: Den Neu-Ankömmlingen werden Deutschkurse bekanntgegeben, der Anhänger für einen Möbel-Transport vermittelt, Bedarf an Hausrat (Kühlschrank, Kleiderschrank) angemeldet.

Natia hat Interesse, ihr Deutsch zu verbessern und die B2-Prüfung zu schaffen, Stefan möchte Russisch lernen – was liegt näher, als dass sich die beiden und ihre Familien treffen und, gegenseitige Sympathie vorausgesetzt, einander sprachlich und kulturell austauschen und bereichern?
Schlechte Witze kursieren: Wo bleiben die beim Besuch bei „Izkidz“ auf dem Langenhard eingeladenen und mit Spannung erwarteten „unbekleideten Minderjährigen“? Fehlanzeige.
Die schlechte Nachricht: Am kommenden Freitag, 29. September, muss das Café ausfallen, weil das WDR-Fernsehen im Garten ohne Café-Besucher filmen will.
15. September 2023
Ein gemeinsames Projekt?
Mehr als 45 Gäste genießen das warme, sonnige Wetter.
Zur großen Freude und Erleichterung aller ist Nadia mit ihren Kindern nach einem Monat in Sankt Petersburg wieder zurück. Sie spricht von gemischten Gefühlen: freut sich einerseits sehr, wieder die vielen Leute zu sehen, mit denen sie sich bei uns angefreundet hat; auch die Kinder Mascha und Rostya fühlen sich bei uns wohl. Aber der Abschied von Freunden und Verwandten in Russland ist allen, vor allem den älteren Kindern, schwer gefallen. Es ist irgendwie seltsam: Sie konnten völlig ohne Probleme in ein Land reisen, das sich im Krieg befindet.
Beim Baden im Waldmattensee haben sie Axel kennengelernt, der zum ersten Mal im Café zu Besuch ist.
Die älteste Tochter, Arischa, ist entschlossen, demnächst allein wieder nach der Heimatstadt zu reisen: Diskussion darüber, ob das zu verantworten und rechtlich überhaupt möglich ist.

Gerhard, der sich intensiv um Rustem kümmert, kommt direkt nach einem Freiburg-Besuch mit ihm ins Café. Sie waren auch im Mundenhof.
Mustafa hat am Montag seine C1-Prüfung. Er hat vor, nach Bestehen einen Deutschkurs für Anfänger zu geben, und erkundigt sich nach einem Unterrichtsraum. Ist der Kursraum in der Gutleutstraße eine Möglichkeit?
Zoia möchte tags darauf noch auf den Ausflug zum Jägertonihof mitkommen. Kein Problem, da Hanna arbeiten muss und gerade abgesagt hat. Dann möchte aber auch Kürsad mit Frau und Kindern noch mit. Sie haben am Vormittag einen Termin zur Unterschreibung des Mietvertrags, werden aber rechtzeitig zur Abfahrt am Treff sein können. Wir hoffen, dass unsere Gastgeber noch so kurzfristig das Brunch-Büffet ausweiten können – sonst müssen wir alle kleinere Portionen in Kauf nehmen.
Außer Kürsad und Muhammed haben noch zwei weitere türkische Männer ihre Familien nachholen können, wie wir hören.
Einige Türken freuen sich auf das Holzofenbrot: Sie haben gehört, dass es mit Butter eine Delikatesse ist und wollen es auch beim Jägertonihof kaufen.

Klaus und Heimfried besichtigen das Gartengrundstück, das die Leute vom Interkulturellen Garten zusätzlich übernehmen wollen. Waltraud möchte dazu den Freundeskreis Flüchtlinge mit ins Boot nehmen. Das Grundstück ist überraschend groß und bietet viele Möglichkeiten. Etliche Geflüchtete möchten noch gärtnern und haben Bedarf angemeldet. Der große zentrale Platz würde sich für eine feste Grillstelle anbieten. Und nachdem sie ebenfalls das Grundstück in Augenschein genommen haben, bekunden weitere drei Familien mit Migrationshintergrund ihr großes Interesse. Die Frage ist, wer bereit ist, für die Organisation und die Gemeinschaftarbeiten zur Verfügung zu stehen. Und gibt es Kosten? Kann das ein gemeinsames Projekt der Interkulturellen Gärtner mit dem Freundeskreis werden?
8. September 2023
Viele Neue, viele Anliegen
Heute überraschend viele Fahrräder und großer Andrang. Einer der Gründe: Der Fernsehsender WDR hatte sich angekündigt, um Foto-Aufnahmen und einen Film vom Interkulturellen Garten und den Gärtnern zu machen. Aber es kommen auch neue sowie länger abwesende Besucher: Ali, Günter und der Musiker Lothar Baumann mit seinem Blindenhund.

Suhrab aus dem Iran, der bewandert in persischer Literatur, aber nicht im Deutschen ist und neu im Café, findet gleich mehrere Gesprächspartner, die Farsi sprechen.
Viele Anliegen und Erzählbedarf machen die Runde an einem Tisch richtig stressig: Urlaubserzählungen, Informationsmangel bei Neuen, Geschäftliches, Arbeit am geplanten Deutschlandspiel, es geht alles durcheinander. Es fehlt ein Anwalt in unseren Reihen, der spontan rechtliche Auskünfte geben könnte . . .
Aber der Laden läuft, erstaunlicherweise sogar ohne den Chef: Klaus ist aus privaten Gründen verhindert.
Wieder werden neue Ideen geboren und diskutiert: Die mögliche Erweiterung des Interkulturellen Gartens soll im Plenum am folgenden Mittwoch besprochen werden – eine attraktive Idee, über die es sich lohnt nachzudenken.

Und die Zeitungsberichte über die 50 unbegleiteten Minderjährigen, die aus Raummangel in Zelten auf dem Langenhard untergebracht sind, beschäftigen viele. Können, müssen wir helfen? Kontakt zu Christine Binggeli-Kurz vom Intensiv stationären Krisen-Interventions-Zentrums Iskiz auf dem Langenhard ist hergestellt. Es besteht das Angebot, dass Jugendliche in unserer Fahrradwerkstatt mitarbeiten können. Aber wahrscheinlich ist der Arbeitsanfall durch die vielen Neuankömmlinge so groß, dass für ein solches Detail keine Zeit bleibt.
Können unsere „etablierten“ Geflüchteten helfen? Die Bereitschaft ist da. Bärbel, Yunus und Heimfried werden sich kommende Woche auf dem Langenhard informieren.
1. September 2023
Das Café gewinnt einen Preis
Nach Regen noch am Morgen wieder unser Café-Wetter: Sonnenschein und warm, ideal für den Aufenthalt im Freien.
Wer aus Versehen zu früh ins Café kommt, ist nie der Erste: Klaus und Waltraud sind schon da und bereiten den Empfang der Gäste vor.
Gudrun B., Frau der ersten Stunde, die schon 2014 in der Unterkunft Deutschunterricht gegeben hat, zu Besuch.
Zum ersten Mal auch Benotmane A. vom Treffpunkt Lahrer Kulturen. Mit ihm Gespräch über die Probleme der Gruppen im Begegnungshaus und das bevorstehende Gespräch mit Bürgermeister Schöneboom.
Stefan R. bringt Spiele mit, die das Sprachvermögen fördern, vor allem „Scrabble“! Bisher war „Tabu“ das Spiel, mit dem die im Deutschen Fortgeschrittenen ihre Kenntnisse testen konnten.
Der kleine Loki, Daniels eineinhalbjähriger Sohn, entzückt Jung und Alt mit seiner Energie und seinem Charme. Der neue Sandkasten kommt zum Einsatz.

Kreditvertrag mit Halbar über ein zinsloses Kleindarlehen für die Mietkaution.
Gülmira aus Kirgistan hat ein wohlschmeckendes arabisch-türkisches Gebäck mitgebracht. Ihr Mann Fatih und sie melden sich zum Ausflug zum Jägertonihof an und teilen mit, dass sie Larissa aus der Ukraine im Auto mitnehmen werden.
Planungsgespräch mit Evelyne (und Tipps von Ina) für ein lehrreiches Deutschlandspiel, das dem Café zur Verfügung gestellt werden soll. (Das Honorar für die kommerzielle Produktion wird schon einmal optimistisch aufgeteilt.)
Das Beste zum Schluss: Die Nachricht vom Gewinn eines Integrationspreises macht die Runde. Zur feierlichen Verleihung im Rahmen einer Einbürgerungsfeier hat das Landratsamt eingeladen – aber welcher Preis und wie viel Geld?! Wir müssen uns überraschen lassen.
25. August 2023
Besuch von der Polizei
Nach heftigen Gewittern am Vormittag und bedrohlichen Wetterprognosen doch wieder Café-Wetter: Sonne und heiß (aber schwül). Im Freien wenigstens ab und zu ein Windzug.
Brigitte hat leckeres Gebäck gemacht und mitgebracht. Das Spendenglas heute erfreulich gut bestückt.

Wir sitzen gerade draußen und diskutieren Herbies Vorschlag, wir sollten bei der Stadt beantragen, dass in der Römerstraße mehr Parkmöglichkeiten eingeräumt werden. Grund: Etliche von uns mussten schon Strafen fürs Falschparken zahlen. Ein Polizist in Uniform erscheint und verursacht sofort Schuldgefühle: Hat sich jemand etwas zu Schulden kommen lassen, oder geht es nur um falsches Parken?
Unsinn. Es ist nicht der Ordnungsdienst, und der freundliche junge Polizist – Mathias Reitter vom Bezirksdienst – ist gekommen, um sich über unser Café zu informieren. Das Gespräch mit ihm ist fruchtbar: Er hat gute Ideen zu dem Problem des Diebstahlverdachts gegen die Migranten, die von uns ein wertvolles Fahrrad bekommen haben. Diese werden einen Fahrradpass erhalten, den die Polizei uns zur Verfügung stellt.

Zwischen einem Flüchtling und dem deutschen Polizisten gibt es ein für alle Zuhörer hochinteressantes Gespräch über das System der Polizei in autoritären Staaten und die Rolle der Politik dort.
Es werden weitere Anmeldungen für den Ausflug zum Jägertonihof abgegeben. Stand bis jetzt: 18 Anmeldungen.
Mehmet und Mustafa hätten gerne Heimfrieds Anhänger für einen Möbeltransport am nächsten Tag.
Freitag, 18. August 2023
Schweißtreibendes Wetter
Ein heißer Tag im Café. Schweißtreibendes feuchttropisches Wetter, das nicht nur dem fleißigen Thekenteam zu schaffen macht. Christiane kühlt sich mit einem nassen Handtuch um den Hals.
Die rund 50 Gäste lassen sich von der Hitze nicht abschrecken. Sogar ein Tischtennismatch in der Sonne findet statt. Und die Kinder der beiden wiedervereinten türkischen Familien (siehe vorigen Freitag) spielen Federball.
Im Haus steht die Hitze trotz aller geöffneten Türen genauso wie draußen; kein Windzug ist zu spüren. Aber: Ist es nicht toll, dass wir seit April des vorigen Jahres immer das Wetter-Glück hatten, das Gelände des Interkulturellen Gartens außerhalb des Hauses nutzen zu können! Und die Wassermelone, inzwischen beliebter als Kuchen, sowie Bärbels Vanilleeis sind ein umso erfrischenderer Genuss.
Martin V., der zum ersten Mal zu Gast ist, bringt einen ganzen Stapel Spiele mit. Schach findet als erstes seine Spieler, und bei den Kindern kommt das Leitern-Spiel an.

Tahsin fehlt heute: Er hat seinen ersten Probe-Arbeitstag im Seelbacher Betrieb für Gartengestaltung und die Option auf eine feste Anstellung oder auch Ausbildung.
Die Kunde von Annas Kurzbesuch aus der Kiew macht die Runde.

Viele füllen die Anmeldungen für den Ausflug zum Jägertonihof am 16. September aus. Ob dann das Wetter noch mitmacht?
Schön zu sehen: Linda (Syrien) kümmert sich rührend um Larissa (Ukraine), erklärt ihr alle Details der Anmeldung und mit einer Zeichnung, wo man sich zur Abfahrt trifft.
Stefan R., der zwei tolle Räder nebst Zubehör für das Radprojekt gespendet hat, fühlt sich bei seinem ersten Besuch im Café sichtlich wohl und findet in Christiane eine Gesprächspartnerin, mit der er intensiv Erinnerungen an die gemeinsame Schulzeit am Max-Planck-Gymnasium und an Verbindungen in ihrer Lahrer Vergangenheit austauscht.
Wird sein Interesse zu einer neuen Skatrunde im Café führen?
Fatih und Gülmira sind nach ihrer Besichtigung der Wohnung guter Hoffnung, dass ihre Bewerbung (auch mit Hilfe eines Empfehlungsschreibens vom Freundeskreis Flüchtlinge) Erfolg hat.
Freitag, 11. August 2023
Ein besonderer Tag
Heute war ein besonderer Tag: Voller Begeisterung begrüßten die ungefähr 40 Gäste die beiden Frauen, die vor ein paar Tagen mit ihren Kindern endlich bei ihren Männern und Vätern aus der Türkei eingetroffen waren. Es war rührend anzusehen, wie der fünfjährige Junge an seinem Vater hing, den er nach langer Zeit endlich wieder bei sich hatte. Und schnell hatte er sich auch mit den beiden Kindern der anderen Familie angefreundet, die ebenfalls wieder zusammengefunden hatte. Beim Memory-Spiel im Haus und beim Federball im Freien konnte man das Glück der Kinder mitverfolgen.

Die beiden Frauen, Pinar die Eine wie die Andere genannt, waren sofort der Mittelpunkt von lebhaften Gesprächen; sie fühlten sich durch die warmherzige Aufnahme und das Interesse an ihnen sichtlich wohl. Beide haben in der Türkei schon etwas Deutsch gelernt. Sie erhielten gleich Informationen über den für sie geeigneten Deutschunterricht, an dem sie ab der nächsten Woche teilnehmen können.
Eine Wohnung für die Familie hat nur Muhammed (gerade noch rechtzeitig) gefunden. Dringend gesucht wird noch eine Bleibe für Kürsats vierköpfige Familie.
Neu im Café war auch Larissa aus der Ukraine. Sie hat ebenfalls gleich zu einem Deutschkurs gefunden, in dem die teilnehmenden Ukrainerinnen und Bulgaren mit ihr in ihrer Sprache und auf Russisch über die anfänglichen Verständigungsschwierigkeiten hinweghelfen können.
Die Nachricht, dass Fatih und seine Frau (Herkunftsländer Türkei und Kirgisistan) am Montag nach dem Café am Freitag einen Termin zur Besichtigung einer Wohnung bekommen haben, machte die Runde.

Und alle, die schon länger Gäste des Cafés sind, freuten sich über die ausführliche Nachricht von Anna, deren Abschied im November mit Liedern und Reden und auch der einen oder anderen Träne gefeiert wordn war. Sie erfreute uns auch mit einem Familienfoto, das sie mit den uns ebenfalls wohlbekannten Kindern Katya und Andrij sowie ihrem Mann zeigt, zu dem sie aus Lahr zurückgekehrt sind.
Jürgens mitgebrachte Lederjacke und Hemden fanden Abnehmer, denen sie passten.
Nach unserem ausführlichen Gespräch über die Gülen-Bewegung fand die Gülen-Biographie (Geschenk eines Kurses an den Deutschlehrer) eine Interessentin, die sie sich auslieh.
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