Shabana

Flucht aus Afghanistan wegen Zwangsheirat

Ich heiße Shabana Hassanzadah und komme aus Kabul. Ich bin 23 Jahre alt und bin Tadschikin. Am Ende des Jahres 2015 bin ich nach Deutschland geflohen. Meine Fluchtgründe will ich gerne erläutern.

Im Jahr 2011 habe ich geheiratet. Ich war schwanger, als mein Mann von den Taliban ermordet worden ist. Im gleichen Jahr ist meine Tochter Muqadasa geboren worden. Ein Jahr lang lebte ich in der Familie meines toten Mannes. Ich durfte keine Feste besuchen und sollte drei Jahre lang nur schwarze Kleidung tragen. Ich sollte den Bruder meines Mannes heiraten, der 50 Jahre alt war und eine Familie hatte. Seine Söhne und Töchter waren alle älter als ich.

Der Rettungsring in der Sonderausstellung symbolisiert die Gefahren, die Menschen auf sich nehmen, wenn sie aus ihren Heimatländern flüchten. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge

Nach einem Jahr bin ich in meine Familie zurückgekehrt. In einem Gerichtsurteil wurde festgelegt, dass ich das Land nicht verlassen darf und dass ich meine Tochter im Alter von sieben Jahren an die Familie meines toten Mannes übergeben muss. Daraufhin habe ich den Entschluss gefasst, zu fliehen.

Mit meinem Bruder und meiner kleinen Tochter haben wir uns – ich im Tschador – auf den Weg in Richtung Iran gemacht. Da der Grenzübertritt schwierig war, machten wir Umwege und gelangten nach siebentägiger Fahrt – immer nur nachts – auf einem Pick-up glücklich in den Iran.

Insgesamt 13 Nächte dauerte es, bis wir – wie schon seit Tagen illegal unterwegs – in der Hauptstadt Teheran ankamen. Da übernachteten wir drei Tage in einem Kuhstall – meine Muqadasa war über die Situation nicht unglücklich. Bis Teheran hat die Flucht für meinen Bruder, mich und meine Tochter 8000 Dollar gekostet.


„Tagsüber waren wir eingeschlossen.“

Shabana Hassanzadah

Um 4 Uhr morgens ging die Flucht weiter. Zwei Stunden mit einem Auto, dann sieben Stunden Fußweg in Richtung Türkei. Von der türkischen Grenze nach Istanbul brauchte der Bus 24 Stunden. In Istanbul wurden wir – insgesamt ungefähr 45 Personen – in einer Zwei-Zimmer-Wohnung untergebracht; ein Zimmer für Frauen und Kinder, das zweite für die Männer. Tagsüber waren die Räume abgeschlossen, wir konnten sie nicht verlassen. Abends wurde uns Essen gebracht.

In einem Boot, beladen mit 60 Personen, traten wir die Fahrt nach Griechenland an. Von der griechischen Insel ging es mit der Fähre in zwölfstündiger Fahrt nach Piräus. Wir waren nach in Stunden in Athen und in Europa angekommen. Zu Fuß, mit der Bahn und mit Bussen nahmen wir die Balkanroute und erreichten so Deutschland. Ich war einen Monat in Stuttgart, einige Tage mit meiner Tochter im Krankenhaus und dann ein Jahr in Meißenheim.

Nach einem weiteren Jahr in Lahr-Sulz lebe ich nun seit 14 Monaten in Lahr. Im September trete ich eine Lehrstelle als Arzthelferin an. Meine Zukunft mit meiner Tochter sehe ich in Hamburg oder in Berlin.

zurück