Flucht vor der Zwangsrekrutierung in Eritrea
Abraham und Azieb Weled aus Eritrea haben viel Glück gehabt. Das junge Paar mit zwei Kindern, neun Monate und drei Jahre alt, lebt seit fast fünf Jahren in Deutschland, vier davon in Lahr. Abraham steht kurz vor dem Abschluss seiner Ausbildung als Schreiner. Der Beruf macht ihm Spaß. Beide haben die Deutschen bisher immer als freundlich und hilfsbereit erlebt.
Der Weg hierher war allerdings alles andere als leicht, und dass die beiden noch leben, dass sie es beide – teilweise unabhängig voneinander – nach Deutschland geschafft haben, dazu war Glück in ganz außergewöhnlich hohem Maße notwendig.
„Wir waren 42 Gefangene in einem engen Raum.“
Abraham Weled
In Eritrea, wo es schwer ist, überhaupt eine Arbeit zu finden, arbeitete Abraham zeitweise für seinen Vater, einen Maurer, aber auch in verschiedenen anderen Berufen wie Frisör und Schreiner, Azieb in einer Bäckerei.
Im Mai 2013 versuchte Abraham, sich durch seine Flucht der Zwangsrekrutierung in das eritreische Militär zu entziehen. Er zahlte fünftausend Dollar für die Fluchthilfe. Er wurde erwischt und zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Das Regelstrafmaß für Landesflucht ist drei Jahre. Zweiundvierzig Gefangene in einem engen Raum, in dem ein selbst gegrabenes Loch in der Ecke als Toilette dienen musste und wo Schlaf so gut wie unmöglich war. Fünfzehn von ihnen, darunter Abraham, gelang der Ausbruch.
Nachdem er sich einen Monat lang bei seiner Familie und bei Freunden versteckt gehalten hatte, machte er sich zusammen mit seiner Frau Azieb zu Fuß auf nach Äthiopien. Innerhalb von fünf Tagen, aus Angst vor Entdeckung immer nur nachts unterwegs, gelangten sie mit Hilfe eines ortskundigen Bekannten, der zusammen mit Abraham aus dem eritreischen Gefängnis ausgebrochen war, über die Grenze. Dort verbrachten sie fünf Monate in einem Lager, wo viele Krankheiten und Hunger herrschten. Sie machten sich schließlich auf in Richtung Europa – getrennt, weil, wie Abraham sagt, man auf diese Weise das Leiden des Anderen nicht mit ansehen musste.
Von Äthiopien gelangten sie über den Sudan nach Libyen und von dort mit Schiffen nach Italien. Abraham zahlte für die Fahrt in einem kleinen Schiff, auf dem 950 Menschen zusammengepfercht waren, 1700 Dollar. In Aziebs Boot waren etwa 300 Geflüchtete. Die Passagiere auf den beiden maroden Boote wurden von anderen Schiffen aufgenommen und nach Italien gebracht – Abraham nach Sizilien, Azieb nach Lampedusa. Zwei Monate nach seiner Ankunft in Deutschland konnte Abraham seine Azieb im Oktober 2014 auf dem Bahnhof München wieder in die Arme nehmen.
„950 Menschen waren auf einem kleinen Schiff.“
Abraham Weled
Mit zwei Cousins und Abrahams Schwester, die vor drei Jahren nachgekommen ist, wohnen die Weledabs inzwischen in zwei benachbarten Wohnungen in Lahr.
Weitere Informationen: Wer Näheres über eine solche Flucht aus Eritrea erfahren möchte, kann sich in dem autobiografischen Bericht von Zekarias Kebraeb informieren, „Hoffnung im Herzen, Freiheit im Sinn. Vier Jahre auf der Flucht nach Deutschland“.
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