„Alma und Ali sehen aus wie ein römisches Geschwisterpaar“

Wie ein Geflüchteter ihr behilflich gewesen ist, berichtet Isabell Kollmer, eine der ehrenamtlichen Helferinnen im Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Der Freundeskreis hatte im November um Erfahrungsberichte von Ehrenamtlichen gebeten. Er hatte alle Helfer, Paten, Betreuer, oder wie sie sich selbst gerne nennen mögen, aufgerufen, über ihre Schützlinge und die Erfahrungen mit ihnen zu berichten.

Dabei war vor allem die Art der Unterstützung von Interesse, die Schwierigkeiten dabei, aber auch die – noch so kleinen – Erfolge bei der Arbeit mit geflüchteten Menschen aus aller Welt. Und natürlich geht es bei diesen Berichten auch um die Frage, in welcher Weise die Einheimischen selbst im Umgang mit Menschen aus fremden Kulturen profitiert haben. Heute erinnert sich Isabell Kollmer an ihr Engagement für das Römerprojekt auf der Landesgartenschau und wie ihr Ali und seine Schwester Alma, ein palästinensisches Geschwisterpaar, dabei geholfen haben.


Titelfoto: privat

Isabell, Selma, Alma und Ali vor dem römischen Streifenhaus im Bürgerpark der Landesgartenschau


Hilfe bei unendlich vielen Dingen

Mit vielen Geflüchteten habe ich Ämtergänge gemacht, mit ihnen Formulare ausgefüllt, Telefonate geführt, Wohnungen gesucht – und eine vermittelt – , Fragen beantwortet, Streit geschlichtet, diskutiert, Bewerbungen geschrieben und Vorstellungsgespräche vermittelt, auch erfolgreiche, bei Hausaufgaben geholfen, die Stadt gezeigt, Gespendetes gebracht, Tee getrunken, gebastelt, bin mit ihren Kindern Schwimmen gegangen, Fahrrad gefahren, spazieren gegangen – unendlich viele Dinge, seit mehr als drei Jahren.

Isabell (rechts) und Alma bei der Arbeit – Foto: privat

Viele der Geflüchteten sind leider aus Lahr weggezogen, mit einigen habe ich noch Whatsapp-Kontakt. Viele grüßen mich, wenn sie mich in der Stadt sehen, manchmal unterhalten wir uns. Spontan kann ich zum Beispiel im Bus oder Zug bei Orientierungs- und Problemen mit dem Kartenkauf helfen. Aber sie brauchen mich nicht jetzt mehr so oft und ich gebe meine Telefonnummer nicht mehr jedem; denn ich wurde auch enttäuscht.

Christus? Römer?

Schließlich habe ich aber einen 19-jährigen Palästinenser gefunden, der mir helfen konnte. Seit Jahren schon hatte ich geplant, samstagnachmittags am Römerhaus auf dem Gelände der Landesgartenschau als gallorömische Handwerkerin zu arbeiten. Es war verblüffend und interessant für mich zu merken, wie wenig Iraker, Pakistaner, Afrikaner, selbst Syrer verstehen, was ich mit „Römer“ meinte – wenn ich je nach Sprachkenntnissen mit Händen und Füßen zu erklären versuchte, dass diese Römer um 100 nach Christus auch hier in Lahr waren.

Die Römer haben in Deutschland viele Spuren hinterlassen, nicht nur in Lahr, sondern auch in Trier. – Foto: Rike / pixelio.de

Christus? Römer? Sagt Dir der Name Caesar vielleicht etwas? Nein, ein DJ etwa? Ich konnte es ihnen nicht schmackhaft machen, wenn ich römische Kutten zeigte, Bronzeschmuck, archäologische Bücher, manche konnten auch mit Landkarten wenig anfangen. Ich konnte nur vier deutsche Frauen und Männer für mein Projekt gewinnen, sich zu verkleiden und eine Schmuckwerkstatt nachzustellen.

Schwer Erklärbares veranschaulichen

Da „unser“ römisches Streifenhaus seit April vergangenen Jahres steht und wir schon zehn Auftritte dort hatten samt Römerfest, konnte ich viele Fotos von den Aktionen machen. Diese Bilder zeigte ich dann gerne und machte Werbung, veranschaulichte schwer Erklärbares.

Zuerst hatte ich Majed gefragt, ob er nicht auch mal im Römer-Gewand mitmachen wolle. Ich habe ihn überredet, die weinrote Tunica anzuziehen und er sah darin wie ein Legionär aus, sehr überzeugend. Er hat dann in Zivil beim Aufbauen des Standes geholfen, wollte aber auf keinen Fall bleiben.

Viel los beim Streifenhaus während der Landesgartenschau – Foto: privat

Ali spricht gut Deutsch

Am Samstag darauf hat er dann „Ersatz“ geliefert, menschlichen Ersatz. Statt selber nein zu sagen, brachte er den Sohn eines Freundes mit und meinte, der könne doch mitmachen. Das war mir sogar noch lieber, weil Ali, ein 19-Jähriger, sogar ziemlich gut deutsch sprach. Er war ein paar Mal mit dabei und ich weiß nicht, ob er mir einen Gefallen tun wollte – wir hatten seinen Lebenslauf neu geschrieben und uns über seine Pläne und Schwierigkeiten unterhalten – oder ob er aus Langeweile kam.

Seine achtjährige Schwester Alma kam schließlich auch mit und wir werkelten zusammen mit den Besuchern der Gartenschau. Alma hatte schließlich drei Ringe, zwei Armbänder und zwei Anhänger, als Schaustellerin auch ein eigenes Gewand und einen schicken Gürtel. Ali hatte ein Plättchen aus Kupfer mit der Karte von Palästina punziert, mit arabischer Schrift versehen, gelocht und trug es mit Lederband am Handgelenk.

Kinder und Erwachsene beim Basteln von Schmuck – Foto: privat

Aussehen wie die Römer

Und wenn man die Besucher gefragt hätte, wer von uns „Schaustellern“ am ehesten wie Römer aussah, dann hätten sie wohl gesagt: die zwei Geschwister. Nur ein Besserwisser würde sagen: Hier in Dinglingen haben Gallo-Römer gelebt, das waren Kelten, Räter, Helvetier und Sueben.

Die „echten“ italischen Römer waren eher selten hier anzutreffen, sicher kam ab und zu auch mal ein Schiff mit Neubürgern aus Palästina die Rhone und den Rhein herauf . . .

Isabell Kollmer

Bisherige Erfahrungsberichte: