Wohngebühren: Kommt nun der Klageweg?

Bei den Gebühren für die Unterbringung von Geflüchteten in den Übergangswohnheimen des Ortenaukreises zeichnet sich keine politische Lösung ab. Der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr und andere Helfergruppen aus dem Ortenaukreis haben bei ihrem jüngsten Raumschaftstreffen Mitte Mai deshalb nun den Klageweg ins Auge gefasst.

Ein Antrag der Grünen im Kreistag, die Gebühren für Geflüchtete, die arbeiten, auf ein vernünftiges Maß zu senken, hat im Februar nicht den erhofften Erfolg gebracht. Die Unterbringungskosten würde man, so stand es in dem von Fraktionschef Alfred Baum (Renchen) und Stellvertreterin Dorothee Granderath (Lahr) unterzeichneten Antrag, „auf dem privaten Sektor bei Vermietung von entsprechendem Wohnraum als Wuchermiete bezeichnen“. Man könne sich zwar mit dem Thema befassen, habe aber keine Entscheidungskompetenz, hieß es seitens der Verwaltung des Ortenaukreises. „Das Land soll nachbessern“, titelte die Presse damals.


Titelfoto: Lupo / pixelio.de

Entscheidet jetzt Justitia über die Gebühren für arbeitende Geflüchtete in den Übergangswohnheimen?


Sache des Ortenaukreises?

Zwei von sieben Landtagsabgeordneten, die jetzt auf den Protestbrief des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr von Mitte März reagiert haben, sehen die Sache mit der Kompetenz allerdings ganz anders. „Obwohl die allgemeine Rechtsgrundlage für die Erhebung von Verwaltungs- und Benutzungsgebühren und anderen Beiträgen und für den Erlass von kommunalen Abgabensatzungen der Gemeinden und Landkreise im Kommunalabgabengesetz der Länder verankert ist, liegt die Zuständigkeit für die Erhebung solcher Gebühren . . . jedoch nicht beim Land, sondern ist allein Sache der Kommunen beziehungsweise in diesem Fall des Ortenaukreises“, schreibt etwa Sabine Wölfle (SPD), die Vorsitzende des Arbeitskreises Soziales und Integration in ihrem vierseitigen Brief.

Um das Problem zu lösen, müsse an mehreren Stellschrauben gedreht werden. Sie weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die SPD auf Landesebene schon seit Monaten eine Wohnraumoffensive fordere, um den sozialen Wohnungsbau voran zu bringen.

Die Gebühren seien Sache des Ortenaukreises, nicht des Landes, finden zwei Landtagsabgeordnete. – Foto: Landratsamt Ortenaukreis

„Die Situation ist empörend“

Sandra Boser von den Grünen sieht das mit der Zuständigkeit und der Wohnraumbeschaffung ähnlich. Sie schreibt: „Die Preise für den Wohnraum sind eine kommunale Angelegenheit.“ Und: „Ich werde mich . . . dafür einsetzen, dass die Höhe der Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung steht.“ Das, meint der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr, ist derzeit bei weitem nicht der Fall. Die Situation sei empörend.

Jeder Flüchtling, der ein Nettoeinkommen von mehr als 917 Euro im Monat hat, soll nach der Neuregelung 386 Euro für die Unterbringung bezahlen. Bei mehrfacher Belegung eines Raumes falle entsprechend ein Mehrfaches an Gebühren an, schreibt der Freundeskreis. Das bedeute, dass bei einer Doppelbelegung in einem der nach wie vor vorhandenen Container 772 Euro für etwas mehr als elf Quadratmeter Wohnfläche entrichtet werden müssen, rechnet der Freundeskreis vor.

Die Sache mit den Gebühren in den Übergangswohnheimen, hier in der Willy-Brandt-Straße in Lahr, sei empörend, findet der Freundeskreis. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Der Klageweg wird wahrscheinlicher

Weil eine politische Lösung angesichts der Hakeleien um Zuständigkeiten in absehbarer Zeit nicht in Sicht ist, treffen die Lahrer Ehrenamtlichen zusammen mit anderen Helferkreisen aus der Ortenau Vorbereitungen, um den Klageweg beschreiten zu können.

Beim Raumschaftstreffen des Ortenaukreises am Mitte Mai in Willstätt haben die in einer Initiative von bisher fünf Helfergruppen zusammengeschlossenen Aktiven ihre Kritik an den Gebühren für die Gemeinschaftsunterkünfte des Landkreises erneuert. Die waren zum 1. Januar 2019 angehoben worden. Heribert Schramm von der Flüchtlingshilfe Rebland (Offenburg) kritisierte zudem, dass die Helferkreise nicht in die Entscheidung eingebunden worden seien, obwohl sich die Geflüchteten in ihrer Not zuerst an sie wenden würden.

Der Kreistag habe die Landesregierung aufgefordert, eine Reduzierung der Gebühren zu ermöglichen, sagt Kreisrätin Elvira Walter-Schmidt. – Foto: Landratsamt Ortenaukreis

„Unbefriedigende Angaben“

Auch auf Nachfragen zur Kalkulation der Kosten seien die Helfer mit unbefriedigenden Angaben abgespeist worden. Besonders erbost seien die Helferkreise über Bescheide, die erst jetzt einträfen und in denen neben der Erhöhung für den Mai die Mietdifferenz für Januar bis April – viermal 141, also 564 Euro – nachgefordert würden, so Schramm.

Elvira Walter-Schmidt, Kreisrätin von B90/die Grünen, informierte darüber, dass der Kreistag die Landesregierung von Baden-Württemberg aufgefordert habe, durch eine Erhöhung seiner Zuschüsse eine substantielle Reduzierung der Gebühren zu ermöglichen. Sie wies zusätzlich darauf hin, dass die von Landrat Scherer angeführten Argumente gegenwärtig juristisch überprüft würden.

Die Haltung des Landratsamts sei ein Hindernis für die Integration, sagen die Lahrer Flüchtlingshelfer. – Foto: Landratsamt Ortenau

„Ein Hindernis für die Integration“

Die Helfer vom Lahrer Freundeskreis Flüchtlinge sehen in den hohen Gebühren vor allem ein Hindernis für eine möglichst schnelle Eigenständigkeit und finanzielle Unabhängigkeit der Geflüchteten. Letztlich trage der Steuerzahler die Last. Heribert Schramm warb schließlich um die Unterstützung der Klage gegen die Gebührenerhöhung durch weitere Helferkreise.

Die Initiative gegen die Gebührenerhöhung wird vertreten von Hans-Wolfgang Brassel (Helferkreis Willstätt), Heimfried Furrer (Freundeskreis Flüchtlinge Lahr), Claudia Roloff (ÖAK Asyl, Offenburg), Alfred Schleimer (Helferkreis Lahr-Sulz) und Heribert Schramm (Flüchtlingshilfe Rebland, Offenburg).

Sabine Wölfle, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion und Vorsitzende des Arbeitskreises Soziales und Integration hat dem Freundeskreis in einem vierseitigen  Brief  geantwortet.

Weitere Informationen zur Flüchtlingshilfe Rebland gibt es hier.