„Ei was,“ sagte der Esel, „zieh lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest du überall.“
Die Gründe für die Flucht aus auswegloser Armut und Elend, wie im Märchen von den Bremer Stadtmusikanten sinnbildlich dargestellt, waren Gegenstand eines außergewöhnlichen Unterrichtsvormittags an der Heimschule St. Landolin in Ettenheim. Die Unterrichtenden und Organisatoren: Die Schülersprecherinnen und -sprecher der Schule, die Adressaten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 8, und das Thema: Hintergründe und Ursachen der Flucht.
In einem abwechslungsreichen und methodisch geschickt aufgebauten Unterricht befasste man sich mit den Push- und Pull-Faktoren von Fluchtbewegungen und tauschte Wissen und Meinungen über das Thema Flucht aus. Selten ist es nur ein bestimmter Grund, warum Menschen aus ihrer Heimat und ihrem sozialen Umfeld fliehen, und meistens ist Armut Teil des Ursachenbündels.
Titelfoto: pixabay.de
Sehr viel Geld haben die Heimschüler und -schülerinnen aus Ettenheim für den Freundeskreis Flüchtlinge in Lahr gesammelt.
Und wie in dem Märchen sind die Pull-Faktoren einfach die Kehrseite der Gründe, warum Menschen sich anderswo eine Verbesserung ihres unerträglich gewordenen Lebens erhoffen. Bremen, seit dem Mittelalter mit besonderen Freiheitsrechten ausgestattet, steht für diese Hoffnung – wie auch heute Deutschland und andere europäische Länder.
Verbunden mit diesem Unterricht war auch ein Spendenaufruf zugunsten der Arbeit des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Zahlreiche Bilder von Aktionen dieser Helfergruppe, kommentiert von Heimfried Furrer, einer der Sprecher des Freundeskreises, bildeten die praktische Ergänzung zu dem Unterricht und zeigten eindrucksvoll, wofür das Geld benötigt wird.
Besondere Aufmerksamkeit fand das Interview mit Hanna, einer ukrainischen Oberstufenschülerin, die sich im Lahrer Helferkreis engagiert. Sie musste zahlreiche Fragen zu ihrem persönlichen Schicksal und ihrer Flucht beantworten und beeindruckte durch ihre Auskunftsfreudigkeit wie auch durch ihr gutes Deutsch.
Die nachahmenswerte Aktion fand auch große Anerkennung bei den Lehrerinnen und Lehrern und war daneben auch finanziell ein Erfolg: 750 Euro wurden auf das Spendenkonto des Freundeskreises Flüchtlinge überwiesen, der sich sehr über dieses Geld gefreut hat.
Cellina Yildiz, Vanessa Kaczuro und Nevio Nicolosi, Schülersprecherinnen und -sprecher der Heimschule, waren zuvor nach Lahr gekommen, um sich im Café international ein Bild vom Freundeskreis zu machen. Im Dezember 2022 besuchten sie die Nikolausfeier im Winterquartier des Cafés – im evangelischen Gemeindehaus am Doler Platz. Bei dieser Gelegenheit machten sie Videoaufnahmen von der Feier und interviewten Heimfried Furrer zur Flüchtlingsarbeit des Freundeskreises. Die Filmaufnahmen speisten sie in die sozialen Netzwerke ein, um die Heimschüler auf diese Weise zu motivieren, Geld für den Freundeskreis zu spenden. „Mich hat die herzliche Atmosphäre sehr begeistert“, sagte Cellina Yildiz nach der Veranstaltung mit 75 Gästen.
Im Februar besuchten die drei Schülersprecher und -sprecherinnen aus Ettenheim das Café international erneut und nahmen an der bewegenden Gedenkfeier zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine teil. Ukrainische Frauen hatten aus diesem Anlass ein eineinhalbstündiges Programm aus Gedichten, Liedern und einem Erfahrungsbericht zusammengestellt.
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