In diesem Jahr gibt es für Geflüchtete und Migranten ein Sommerprogramm des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Los geht es am Samstag, 17. Juni, 10 bis 12.30 Uhr, mit einem Tag der offenen Tür der Fahrrad-Werkstatt im Schlachthof, Dreyspringstraße 16. Flüchtlinge machen auch beim Fest der Kulturen auf dem Marktplatz mit. Für sie gibt es auch ein Grillfest in Sulz und die Besichtigung des Jägertonihofs in Seelbach. Flüchtlingskinder dürfen sich zudem über eine Begegnung mit Pferden freuen.
Zum Tag der offenen Tür der Fahrrad-Werkstatt gibt es ein Interview mit Selahaddin Benli und Muhammed Ertekin, die beide von Anfang an mit dabei sind. Darin geht es um das Thema ehrenamtliches Engagement in Lahr und in der Türkei. Es gibt eine ausführliche Beschreibung des Programms, das an diesem Tag angeboten wird, und eine Übersicht über das komplette Sommerprogramm mit Daten und Uhrzeiten.
Titelfoto: Freundeskreis Flüchtlinge
Selahaddin Benli (links) und Muhammed Ertekin (rechts) sind von Beginn der Fahrrad-Werkstatt an mit dabei. Kürsad Demir (Mitte) ist in diesem Jahr dazu gestoßen, er ist der gelernte Mechaniker im Team.
Interview zum ehrenamtlichen Engagement
„Ich möchte etwas zurückgeben“
Selahaddin Benli und Muhammed Ertekin sind in der Fahrrad-Werkstatt des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr schon von Anfang an mit dabei, also sei Mai 2022. Für sie hat ehrenamtliches Engagement eine ganz besondere Bedeutung, wie für die anderen sieben Mitglieder des Teams übrigens auch. Im Interview erklären die beiden, warum das so ist.
Es gibt viele Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren. Warum habt Ihr Euch für die Fahrrad-Werkstatt des Freundeskreises entschieden?
Selahaddin Benli: Ein ehrenamtlicher Deutschlehrer vom Freundeskreis Flüchtlinge Lahr hat mich im vergangenen Jahr zu diesem Projekt eingeladen. Ich hatte ihm erzählt, dass das Reparieren von Fahrrädern mein Hobby ist. Es motiviert uns, Geflüchteten, wie wir es sind, Fahrräder zur Verfügung zu stellen.
Muhammed Ertekin: Als ich nach Deutschland kam, war es schwierig für mich, ein günstiges Fahrrad zu finden. Als ich dann eines hatte, kostete es viel Geld, es reparieren zu lassen. Da habe ich mir vorgenommen, Migranten in Zukunft dabei zu helfen, preiswert zu einem Fahrrad zu kommen oder es reparieren zu lassen.
Warum engagiert Ihr Euch überhaupt ehrenamtlich in Lahr? Was bedeutet das für Euch?
Selahaddin: Freiwilligenarbeit war schon immer Teil meines Lebens. Vor meinem Engagement in der Fahrrad-Werkstatt war ich acht Monate lang ehrenamtlich bei der AWO in Lahr tätig. Es macht mich glücklich, Menschen helfen zu können. So ist auch sehr schön, Einwanderer mit gebrauchten Rädern zu versorgen.
Muhammed: In Lahr bin ich sehr glücklich und fühle mich sehr wohl. Um einen Ort zu lieben, ist es wichtig, Menschen zu haben, die man gern hat. Es gibt hier so viele Menschen, die ich gern habe. Deshalb ist Lahr für mich so wertvoll. Und deshalb möchte ich etwas zurückgeben und engagiere mich hier ehrenamtlich.
Sich für andere Menschen einzusetzen, ohne dafür bezahlt zu werden, kennt Ihr bereits aus der Türkei. Seid Ihr in Eurem Heimatland auch ehrenamtlich aktiv gewesen? Und was habt Ihr da gemacht?
Selahaddin: In der Türkei war ich während meiner gesamten Lehrtätigkeit auch ehrenamtlich tätig. Ich habe zum Beispiel kostenlose Leseräume eingerichtet. Es ging dabei darum, Menschen, die nicht so gebildet waren, zum Lesen zu motivieren.
Muhammed: In der Türkei habe ich regelmäßig alte Menschen in Seniorenheimen betreut. Meine Frau ist Lehrerin und immer, wenn sie mitbekommen hatte, dass Schüler etwas dringend benötigten, dann haben wir es besorgt zum Beispiel für Schüler, die ohne Schuhe oder im Winter ohne warme Kleidung in die Schule kamen.
Was gefällt Euch an der Fahrrad-Werkstatt besonders gut?
Selahaddin: Das Reparieren eines Fahrrads in der Fahrrad-Werkstatt entspannt mich. Da ich Lehrer bin, spreche ich außerdem gerne mit anderen Menschen. In die Werkstatt kommen viele von ihnen – Geflüchtete und Einheimische. Das ist eine tolle Möglichkeit, sich auszutauschen.
Muhammed: Als Vater freut es mich besonders zu sehen, wie Kinder strahlen, wenn sie ein Fahrrad bekommen können. Das ist ein sehr schöner Moment. In der Werkstatt bin ich auch viel in Kontakt mit Menschen, die ein Fahrrad spenden wollen und solche, die eines suchen. Das hilft mir, mein Deutsch zu verbessern.
Welches war Euer schönstes Erlebnis in der Werkstatt? Und Euer nervigstes?
Selahaddin: Ein sehr schönes Erlebnis war, als ich mit dem ganzen Werkstatt-Team zum ersten Mal in einem chinesischen Restaurant zum Essen war. Ich kann mich aber an kein Erlebnis erinnern, das mich verärgert hätte.
Muhammed: Das ist schwer zu sagen, weil ich schon so viele schöne Erlebnisse hatte. Was ich schade finde, ist, dass wir im Werkstatt-Team nur türkische Leute und ein Ukrainer sind. Es wäre schön, wenn auch Geflüchtete aus weiteren Nationen mitarbeiten würden.
Zur Person
Selahaddin Benli ist 56 Jahre alt, Gymnasiallehrer aus Ankara, er ist seit gut vier Jahren in Deutschland. Muhammed Ertekin, 35 Jahre, Elektrotechniker aus Istanbul, ist seit 14 Monaten in Lahr.
Das Programm
Tag der offenen Tür der Fahrrad-Werkstatt
Der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr veranstaltet in seiner Fahrrad-Werkstatt im Schlachthof Jugend & Kultur einen Tag der offenen Tür. Er findet am Samstag, 17. Juni, 10 bis 12.30 Uhr, in der Dreyspringstraße 16 statt.
Die Besucher können sich in dieser Zeit nicht nur die Werkstatt anschauen, in der gespendete Fahrräder für Geflüchtete wieder fahrtüchtig gemacht werden. Sie können auch mit dem Reparatur-Team persönlich sprechen. Es besteht aus acht türkischen Flüchtlingen und einem Geflüchteten aus der Ukraine, die sich alle ehrenamtlich engagieren. Zwei deutsche Flüchtlingshelfer betreuen dieses Projekt.
Über die weiteren Aktivitäten des Freundeskreises können sich die Besucher im Gespräch bei dieser Gelegenheit auch informieren. Zusätzlich gibt es Flyer und Multimedia-Präsentationen. Um das Gespräch zu fördern, können die Besucher auch Platz nehmen und sich Getränke und Gebäck servieren lassen.
Deutsche Gäste können an diesem Tag natürlich auch Fahrräder mitbringen, die sie spenden wollen. Neben den Damen- und Herrenfahrrädern werden vor allem auch Kinder- und Jugendräder angenommen, denn für sie gibt es derzeit einen großen Bedarf, den das Projekt derzeit nicht abdecken kann. Und auch Flüchtlinge können sich umsehen, ob sie ein passendes Rad für sich entdecken. Die Besucher erleben also einen ganz normalen Wertstatttag, heißt es in der Pressemitteilung des Freundeskreises.
Die Fahrrad-Werkstatt hat nach Corona im Mai 2022 ihre Arbeit aufgenommen. Seither sind rund 270 Fahrräder aller Art, dazu Ersatzteile und Zubehör, gespendet worden. Die Spender kommen nicht nur aus Lahr, sondern aus dem gesamten Umland. Selbst die Flüchtlinge kommen manchmal von weit her, um sich gegen eine geringe Gebühr mit einem Fahrrad einzudecken. In einem Fall war eine Mutter mit ihrer sechsjährigen Tochter sogar aus Wagenstadt nach Lahr gefahren – mit öffentlichen Verkehrsmitteln, um ein Rad für ihre Tochter zu bekommen.
Sommerprogramm für Geflüchtete
- Samstag, 17. Juni, 10 bis 12.30 Uhr, Tag der offenen Tür der Fahrrad-Werkstatt, Schlachthof
- Samstag, 15. Juli, 10 bis 12 und 14 bis 16 Uhr, und Samstag, 22. Juli, 10.30 bis 12.30 Uhr, Begegnung mit Pferden für Kinder
- Samstag, 8. Juli, 16 bis 24 Uhr, Fest der Kulturen auf dem Marktplatz
- Samstag, 5. August, 16 Uhr, Grillfest in Sulz bei der Sulzbachtalhütte
- Samstag, 16. September, 16 Uhr, Besuch des Jägertonihofs mit Führung und Büffet
- regelmäßige Termine
- freitags, 15.30 bis 18 Uhr, Café international in der Römerstraße
- samstags, 10 bis 12.30 Uhr, Fahrrad-Werkstatt, Schlachthof in der Dreyspringstraße 16
Weitere Infos
- Alles, was man über die Fahrrad-Werkstatt wissen muss.
- Ein Fotoalbum zur Fahrrad-Werkstatt aus dem Jahr 2022
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