Besuch auf dem Weihnachtsmarkt

Einen Besuch auf dem Weihnachtsmarkt im elsässischen Obernai hat der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr gleich zu Beginn der Adventszeit auf die Beine gestellt. Dorothea Hertenstein hatte die Idee dazu gehabt und sie war mit der Zahl der Teilnehmer an diesem Ausflug sehr zufrieden. Insgesamt waren es 46 Personen, zog sie vor der Abfahrt Bilanz – vom eineinhalbjährigen Kleinkind bis zur 85-jährigen Seniorin.

Gerhard Daum sah das auch positiv. Es seien insgesamt 25 anerkannte Flüchtlinge dabei, sagte er. Er musste es genau wissen. Denn jedem Geflüchteten hat er ein Taschengeld von zehn Euro ausbezahlt – zum Verzehr auf dem Weihnachtsmarkt vor Ort. Die Fahrt dorthin war für die Schützlinge des Freundeskreises ebenfalls kostenlos. Die entsprechenden Kosten sind aus der Kasse der ehrenamtlichen Helfer beglichen worden.


Titelfoto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Ausflug auf den Weihnachtsmarkt vor der katholischen Kirche Saints-Pierre-et-Paul in Obernai.


Neues Wort gelernt: Fachwerkhaus

Die Busfahrt nach Obernai hat Steffi Kempchen vom Freundeskreis dazu genutzt, eine kleine Gruppe von syrischen Migranten – Najm, Luay, Yazan und Majd – auf den Besuch im Nachbarland vorzubereiten. Sie machte sie zum Beispiel darauf aufmerksam, dass der Rhein, an dem entlang der Bus gerade fuhr, die Grenze zwischen Deutschland und Frankreich bildet. Oder dass Kreisverkehre auf der anderen Seite des Rheins viel häufiger vorkommen als etwa in Lahr. Zudem wurde ein neues Wort gelernt: Fachwerkhaus. Zudem gab es eine kleine Geschichtsstunde während der Fahrt durchs Elsass. Fällt Euch auf, dass die Dörfer deutsche Namen haben, fragte Steffi Kempchen.

Gerhard Daum vom Freundeskreis (rechts) verteilt das Taschengeld an die Geflüchteten: zehn Euro gibt es für jeden. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

 

Und dann gab es noch den Hinweis, dass viele Elsässer Deutsch sprechen, es aber trotzdem höflich sei, ein paar Worte auf Französisch zu verlieren. Dazu fiel einem der Syrer gleich das passende deutsche Wort ein: Umgangsform. Und die kam dann am Glühweinstand auf dem Weihnachtsmarkt in Obernai formvollendet zur Geltung, als einer der Geflüchteten seine Bestellung aufgab – auf Französisch natürlich. Was die Besitzer des Stands und die davor wartenden Elsässer tatsächlich mit Genugtuung zur Kenntnis nahmen.

Bloß kein Alkohol

Apropos Glühwein: Was sich die jungen Männer aus Syrien am Stand bestellt hatten, sah nur so aus wie Glühwein. In Wirklichkeit war es heißer Kirschsaft. Schreib‘ bloß nix von Alkohol, meinte einer von ihnen und winkte dann lachend ab: Ach was, ganz egal. Genau so wenig Scheu wie vor einem Bummel über einen christlichen Weihnachtsmarkt hatten die Muslime auch vor dem Besuch in der katholischen Kirche Saints-Pierre-et-Paul in Obernai.

Dorothea Hertenstein (rechts) hat das Ganze organisiert. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

 

Eigentlich hätte es darüber hinaus ja noch eine gute Portion Kulturvermittlung in dieser kleinen alten Bilderbuchstadt geben sollen, doch die verabredete Stadtführung war nicht zustande gekommen. Das lag an der plötzlichen Erkrankung des Stadtführers.

Viele wollten nach Obernai

Zudem hatte es eine halbstündige Verspätung des Busses gegeben. Und die wiederum lag an der großen Zahl von Menschen, die an diesem Tag mit dem Vis-a-vis-Bus nach Obernai auf den Weihnachtsmarkt fahren wollten. Immer wieder gab es lange Wartezeiten an den Haltestellen, bis sich alle Fahrgäste in den ohnehin schon vollen SWEG-Bus gedrängt hatten.

Silvia Boniface-Anyanwo (links) und Steffi Kempchen (rechts) lassen es sich auf dem Markt gut gehen. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

 

Während sich der ein oder andere aus der Gruppe der Lahrer mit einem kleinen Souvenir vom Weihnachtsmarkt eindeckte, entschied sich Silvia Boniface-Anyanwo, eine der Organisatorinnen des Projekts Heimatküche, für etwas, was für sie näher lag. In zwei Geschäften ließ sie sich von großen Laiben mit typisch französischem Käse und Nougat jeweils ein Stückchen herunter schneiden.

Jedem hat’s gefallen

Nachdem jeder die zweieinhalb Stunden Aufenthalt auf seine beziehungsweise ihre Weise genutzt hatte, trafen alle wieder pünktlich am Bus ein. Irgendwelche besonderen Vorkommnisse? Nein, meinten Dorothea Hertenstein und Gerhard Daum. Alles sei problemlos gelaufen. Jedem habe es gefallen, trotz langer Busfahrt und trotz nicht zustande gekommener Stadtführung.

Und darauf einen Glühwein: In Wirklichkeit trinken die syrischen Migranten nur heißen Kirschsaft. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

 

Allerdings musste Gerhard Daum dann doch noch eine kleine Anekdote anfügen. Er habe die Beschwerde eines Flüchtlings aus Syrien gegeben, dass es so kalt sei – knapp unter null Grad -, erzählte der Flüchtlingshelfer augenzwinkernd. Ist es bei Euch zu Hause nicht manchmal auch so kalt, wollte er wissen. Ja schon, bekam er zu hören, aber dann gehen wir nicht aus dem Haus.

Ein Album mit weiteren Fotos gibt es hier.