„Diese Gebühren sind der reine Mietwucher“

„Diese Gebühren sind der reine Mietwucher“, sagt der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr zu der Erhöhung der Wohngebühren in Gemeinschaftsunterkünften für Geflüchtete, die er für „absolut unangemessenen“ hält. In einem Brief hat er sich deshalb an die Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Lahr gewandt. Bei einem privatwirtschaftlichen Mietverhältnis läge ein Ausmaß an Mietwucher vor, das an Strafbarkeit grenze, schreiben die Sprecher des Freundeskreises an Marion Gentges, CDU, und Sandra Boser, Grüne.

Die Situation sei empörend: Jeder Flüchtling, der ein Nettoeinkommen von mehr als 917 Euro im Monat hat, soll nach der Neuregelung von Anfang des Jahres 386 Euro für die Unterbringung bezahlen. Bei mehrfacher Belegung eines Raumes falle entsprechend ein Mehrfaches an Gebühren an, schreibt der Freundeskreis an die Abgeordneten. Das bedeute, dass bei einer Doppelbelegung in einem der nach wie vor vorhandenen Container 772 Euro für etwas mehr als elf Quadratmeter Wohnfläche entrichtet werden müssen, rechnet der Freundeskreis vor.


Titelfoto: andi-h / pixelio.de

Post bekommen die beiden Landtagsabgeordneten des Wahlkreises Lahr vom Freundeskreis Flüchtlinge Lahr.


Gravierende Mängel

Er beschreibt auch, was die geflüchteten Menschen für dieses Geld zu erwarten haben: Die Einrichtung der Räume bestehe aus zwei Betten, zwei Schränken, einem Tisch und zwei Stühlen. Es gelte das Verbot, eigene Möbel und Teppiche mitzubringen. Gemeinschaftsküchen, Duschen und Toiletten seien in zum Teil erbärmlichem Zustand. Des öfteren gebe es gravierende Mängel, wie zum Beispiel Heizungsausfälle im Winter oder nicht mehr abzustellender Alarm des Feuermelders.

„Die Gemeinschaftsküchen sind zum Teil in einem erbärmlichen Zustand“, sagt der Freundeskreis. – Foto: iwona golczyk / pixelio.de

Würde es sich um ein privatwirtschaftliches Mietverhältnis handeln, hätten die Bewohner Schutzrechte gegen all die Mängel. Vor allem aber: Es läge ein Ausmaß an Mietwucher vor, das an Strafbarkeit grenzt, so der Freundeskreis weiter.

„Praktisch rechtlos“

So aber seien die Bewohner praktisch rechtlos – es sei denn, sie wären zum Widerspruch gegen den Gebührenentscheid und in letzter Konsequenz zur Klage vor dem Verwaltungsgericht bereit. Die Unterstützung einer solchen Klage ist eine Option, zu der sich laut Freundeskreis mehr und mehr Unterstützer und ganze Helferkreise entschlossen haben.

Zynisch ist der Rat an Flüchtlinge, die deutsche Sprache zu lernen und eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt zu suchen. – Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Die Verlautbarungen des Landratsamts zu diesem Thema betrachtet der Freundeskreis als skandalös. Laut Aussage der Behörde liege die Höhe der Gebühr sogar noch unter der rechtlich gebotenen Kostendeckung. Die Kostenrechnung werde jedoch nicht veröffentlicht, mahnt der Freundeskreis an. Und geradezu zynisch sei der Rat an Flüchtlinge, die Sprache zu lernen und eine Wohnung auf dem freien Wohnungsmarkt zu suchen.

„Es fehlt an der Kenntnis“

Dem zuständigen Dezernenten des Landratsamts Ortenaukreis, Michael Loritz, mangele es hier an Kenntnis der Gegebenheiten, betont der Freundeskreis: „Die ehrenamtlichen Helfer, deren Einsatz er nach eigener Aussage schätzt und für unverzichtbar hält, bemühen sich meist vergeblich, bei der Suche nach verfügbarem und bezahlbarem Wohnraum zu helfen. Und wie soll jemand Maklergebühren und Mietkaution aufbringen, dessen finanziellen Spielraum man durch diese Wuchergebühren derart einschränkt?“

„Flüchtlinge haben keinen finanziellen Spielraum angesichts dieser Wuchergebühren“, betont der Freundeskreis – Foto: doro52 / pixelio.de

Unterzeichnet ist der Brief an die Landtagsabgeordneten von den Sprecherinnen und Sprechern des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr,
Silvia Boniface-Anyanwu, Dagmar Ehret, Günter Endres, Heimfried Furrer, Stefanie Kempchen, David Schaller und Vanessa Senger.

In einem Beitrag vom 12. Februar 2019 ist auf der Website des Freundeskreises bereits über das Thema Gebühren in Gemeinschaftsunterkünften berichtet worden.

Unterstützung der Reblandhilfe

Aufgrund des Briefes des Lahrer Freundeskreises hat sich jetzt auch die Flüchtlingshilfe Rebland an die Landtagsabgeordneten gewandt. Ihnen versichern die Helferinnen und Helfer aus Offenburg, vollumfänglich hinter der Argumentation aus Lahr zu stehen. Es bestehe zudem die „Bereitschaft, im Ernstfall eine Klage vor dem Verwaltungsgericht zu unterstützen“.

Und weiter schreibt die Flüchtlingshilfe Rebland: „Wir wären Ihnen sehr dankbar, wenn Sie Ihren Einfluss geltend machen würden, um die Mieten wieder auf ein vernünftiges Niveau zu bringen“.


Presseschau

Januar 2019: Der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr will sich gegen die Erhöhung der Wohnheim-Gebühren für Flüchtlinge zur Wehr setzen, schreiben die Lahrer Zeitung. und die Badische Zeitung.

Dezember 2018:  Von 2019 an steigen die Gebühren, die Geflüchtete in Wohnheimen des Kreises bezahlen, drastisch, schreiben die Lahrer Zeitung und der Lahrer Anzeiger.