„Ich bin überzeugt: Ahmed wird seinen Weg in Deutschland machen“

„Ich bin überzeugt: Ahmed wird seinen Weg in Deutschland machen“. Das sagt Heimfried Furrer, einer der Sprecher des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Der Freundeskreis hatte im November um Erfahrungsberichte von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern gebeten. Er hatte alle Helfer, Paten, Betreuer, oder wie sie sich selbst gerne nennen mögen, aufgerufen, über ihre Schützlinge und die Erfahrungen mit ihnen zu berichten.

Dabei war vor allem die Art der Unterstützung von Interesse, die Schwierigkeiten dabei, aber auch die – noch so kleinen – Erfolge bei der Arbeit mit geflüchteten Menschen aus aller Welt. Und natürlich geht es bei diesen Berichten auch um die Frage, in welcher Weise die Einheimischen selbst im Umgang mit Menschen aus fremden Kulturen profitiert haben. Heute berichtet Heimfried Furrer über einen jungen Syrer und seine Familie. Den Mann, der aus Sicherheitsgründen unerkannt bleiben will, nennt er Ahmed.


Titelfoto: Petra Bork / pixelio.de

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr berichten über ihre Arbeit mit ihren Schützlingen.


Ahmed gibt sich große Mühe

Im Jahr 2016 lernte ich Ahmed aus Syrien als einen Teilnehmer an meinem Sprachkurs im Übergangswohnheim für Geflüchtete in der Geroldsecker Vorstadt kennen; er besuchte auch andere Kurse des Freundeskreises Flüchtlinge sowie einen Kurs, der vom Jobcenter bezahlt wurde. Obwohl ihm das Erlernen der deutschen Sprache nicht leicht fiel, gab er sich doch große Mühe.

Er war interessiert und fragte viel. Er war freundlich, humorvoll und aufgeschlossen, sprach gerne über die Besonderheiten der deutschen Kultur, die ihm auffielen. Warum haben die Deutschen so viele Hunde? Wieso immer die Küsschen, wenn sich auch Männer und Frauen treffen, die bloß gute Bekannte sind?

Das Foto zeigt Ahmeds Tochter, sie ist ein lebhaftes und sehr selbstbewusstes Kind. Aus Sicherheitsgründen wollten die Eltern nicht mit auf das Bild. – Foto: privat

Das Handy – die Verbindung zur Familie

Eines bedrückte ihn schwer: Seine einige Jahre jüngere Frau war mit der gemeinsamen Tochter, die erst nach seiner Flucht geboren wurde, noch in Syrien. Er telefonierte täglich mit ihr. Als ich ihn einmal in ein Restaurant eingeladen hatte, erlebte ich ihn in fürchterlicher Panik, weil sein Handy verschwunden war: Keine Verbindung zur Familie war mehr möglich.

Wie viele andere Deutsche auch hatte ich mich immer gewundert, dass praktisch jeder Geflüchtete ein Handy hatte und permanent „auf Empfang“ war: Das war die einzige Verbindung zu geliebten Menschen in der verlassenen Heimat. Aber die Panik legte sich schnell: Ein Tischnachbar hatte Ahmeds Handy mit seinem eigenen verwechselt.

Die Familie kommt nach

Es gab mehrere Gründe für Ahmeds Flucht: Zweimal war ihm bereits sein Haus zerbombt worden. Die anderen Gründe möchte er nicht öffentlich erwähnt haben. Er fürchtete um sein Leben und um das seiner schwangeren Frau und floh aus Syrien, nachdem er sie in der Obhut ihrer Verwandten an einem halbwegs sicheren Ort wusste.

Voraussetzung für den ersehnten Antrag auf Nachzug der Familie nach Deutschland war, dass Ahmed, der nur den sogenannten subsidiären Schutz bekommen hatte, als Flüchtling anerkannt wurde. Mit Hilfe eines Freiburger Anwalts hatte die Klage vor dem Verwaltungsgericht Erfolg. Und nach mehr als einem weiteren Jahr mit vielen bürokratischen Hürden, die überwunden werden mussten, konnte seine Frau mit seiner Tochter, die er nur von kleinen Bildern auf dem Handy kannte, Anfang vergangenen Jahres endlich nach Deutschland ausreisen.

Heimfried Furrer – Foto: Christoph Breithaupt

Schon vieles ertragen

Ahmed verdient seinen Lebensunterhalt selbst und lebt mit seiner Familie in einer selbst finanzierten Zweizimmerwohnung in Lahr. Hilfe nimmt er höchst selten und nur ungern in Anspruch und er erbittet sie nur, wenn es absolut notwendig erscheint. Seine Arbeitsstelle und seine Lahrer Wohnung hat er durch eigene Bemühungen gefunden. Er legt Wert auf Unabhängigkeit und Eigenverantwortlichkeit, ohne jedoch Dankbarkeit für die erhaltene Unterstützung vermissen zu lassen.

Sein Ziel ist es, sich sprachlich so weit zu verbessern, dass er, der in Syrien bereits eine technische Ausbildung abgeschlossen hat, sich um eine anspruchsvollere Anstellung oder eine Ausbildung bewerben kann. Er ist ein starker Mensch, der schon vieles ertragen, viele Hindernisse überwinden musste. Ich bin überzeugt: Er wird seinen Weg in Deutschland machen.

Heimfried Furrer


Bisherige Erfahrungsberichte: