Corona: „Geflüchtete trifft es besonders hart“

In Zeiten von Corona, in denen die Menschen in ihrem Tun und ihrem Engagement ausgebremst werden, bleibt mehr Zeit, innezuhalten und nachzudenken – über sich und andere. Einer, der dabei weit über den Tellerrand hinausschaut, ist Heimfried Furrer, einer der Sprecher des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Hart trifft es in diesen Zeiten Geflüchtete, meint er, vor allem in Syrien und Griechenland.

„,Helden des Alltags‘ wie Evelyne Bayer vom Freundeskreis, die ihren Deutschkurs für Geflüchtete per PC organisiert hat und weiterhin durchführt, verdienen unsere Hochachtung. Menschen in Alters- und Pflegeheimen unser Mitleid, die Medien haben sie im Fokus.


Titelfoto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Es trifft vor allem die Kinder unter den Geflüchteten in der Corona-Krise besonders hart.


Ich denke an die Menschen, die in den staatlichen Flüchtlingsunterkünften auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag und ihren Aufenthaltsstatus warten und, wie wir alle, die Nachrichten über die Corona-Krise vernehmen. Was denken sie, wie fühlen sie sich angesichts der Meldungen über Infektionen, über Tote?

Wie sieht eine nigerianische Mutter von drei Kindern, die nicht zur Schule und in den Kindergarten gehen dürfen, die Situation, in der sie und ihre Kinder in den zwei Zimmern mit Gemeinschaftdusche, -Toilette und -Küche eingesperrt ist? Was denkt ein junger Mann aus Gambia, der Kontakt zu anderen Menschen sucht, die seine Lage teilen, und zu anderen, Deutschen, die ihn beraten, ihm helfen, mit ihm sprechen, damit er Deutsch lernt?

Geflüchtete mit Kindern leben oft sehr beengt. In Zeiten von Corona verschärft das die Situation erheblich. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Ich höre auch von anderen Geflüchteten, in scheinbar gesicherter und problemloser Lage: Was fühlen sie, per Smartphone täglich mit Freunden und Verwandten zum Beispiel in den Kriegsgebieten Syriens in Kontakt, wenn sie erfahren, dass auch dort das Virus die Menschen erreicht hat und eine weitere ernsthafte Bedrohung darstellt?

Die Zeitungen und Nachrichtensendungen informieren uns unaufhörlich über Infektionszahlen und ihre Entwicklung, über Ländervergleiche und Erklärungen wie auch über einzelne Prominente, die erkrankt sind. Andere Nachrichten geraten in den Hintergrund, vieles, das auf der Welt passiert, nehmen wir nicht oder nur noch randlich wahr.


„Ob unsere Politiker der Not ein Ende bereiten?“

Heimfried Furrer

Doch, immerhin, da lesen wir, dass die Absicht besteht, 50 (!) Kinder aus den griechischen Flüchtlingslagern bei uns aufzunehmen, die ohne Eltern oder Verwandte gekommen sind. Aber nach wie vor ist eine Lösung für die Tausende, die wir von uns – mit Geld und geborgter Gewalt – fernhalten, nicht in Sicht. Auch sie, deren Elend für uns kaum vorstellbar ist, wissen um die drohende besondere Gefahr, die das Virus für sie darstellt. Welche Gefühle und Ängste, welche Wut und Verzweiflung treiben sie um?

Aber wir haben ja genug Sorgen um unsere eigene Gesundheit und Sicherheit . . .. Wenn einmal Hunderte, vielleicht Tausende dieser geschwächten und besonders anfälligen Menschen gestorben sind, ob dann unsere Politiker sich besinnen und der Not ein Ende bereiten?“