Corona? – „Abwarten und auch Geduld haben“

Was macht Ihr so in Zeiten von Corona? Wie geht es Euch dabei? Das waren Fragen, die per E-Mail an die ehrenamtlichen Mitglieder des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr gegangen sind. Antworten darauf sollten alle Helferinnen und Helfer daran erinnern, dass es „Leidensgenossinnen und – genossen“ gibt, dass die Corona-Krise uns alle beschäftigt, nur auf unterschiedliche Weise. Es sollte auch die Möglichkeit aufgezeigt werden, dass die Website in Zeiten wie diesen eine gemeinsame Plattform sein könnte.

Um es vorwegzunehmen: Es haben nur sehr wenige Ehrenamtliche auf diese Fragen reagiert. Aber die nicht repräsentative Umfrage zeigt, dass die Pandemie mit jedem etwas anderes macht. Jeder nutzt diese Zeit auf seine oder ihre ganz besondere Weise. Befragte gaben dazu auch Tipps, darunter auch einen Buch- und einen Musiktipp. Und Evelyne Bayer hat eine eigene Umfrage unter ihren Deutsch-Schülern gemacht.


Titelfoto: Aka / pixelio.de

Viren lähmen auch die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Wie geht es ihnen dabei?


Marianne Perotto

Leider sind die Zeiten wie sie sind und wir sind teilweise zur Untätigkeit gezwungen. Seit Mitte März war ich auch nicht mehr in Sulz in der Grundschule zur Nachhilfe in Deutsch für Migrantenkinder und sehe auch keine Möglichkeit, zur Zeit etwas über elektronische Medien oder Telefon zu bewerkstelligen.

Wenn die Kinder schon etwas besser lesen könnten, könnte man Leseübungen über das Telefon anbieten. Das mache ich zur Zeit mit Drittklässlern aus der Förderschule, da kennen mich Lehrer und Schüler seit langem und es gibt einige Eltern, die das Lesen übers Telefon auch unterstützen. Das heißt, die Lehrerin hat mir über E-Mail Leseblätter geschickt, die die Kinder auch von ihr bekommen haben und hat mir die Telefonnummern der Eltern gegeben, die mit einem Anruf einverstanden sind. Es ist auf jeden Fall besser als gar nicht lesen.“

Und Finger weg von Verschwörungstheorien! – Foto: Knipseline / pixelio.de

Silvia Boniface-Anyanwo

Durch Corona muss ich meine privaten Pläne erst mal auf Eis legen. Die Eröffnung des Ateliers und die dort geplanten Aktionen müssen warten. Mit Geflüchteten bin ich telefonisch im Kontakt. „Wir müssen Geduld haben und abwarten“ ist der meist gesagte Satz, weil die meisten Aktivitäten nicht möglich sind. Das erste Internationale Café und die erste Heimatküche nach Corona . . . hm, ich kann mir vorstellen dass es noch ’ne ganze Weile dauert, bis alles wieder so wie vorher sein kann. Ich kann mir auch vorstellen, etwas in kleineren Gruppen zu machen. Vorstellen kann ich mir viel, aber wie gesagt: Geduld haben und abwarten.

Zum Glück kann ich in meinem Atelier wenigstens alleine arbeiten und in meiner Küche Experimente machen und Musik hören, Lesen und Meditieren, mit meiner Tochter und Freundinnen telefonieren – und Finger weg von den Verschwörungstheorien!

Heimfried Furrer

Ich habe das Glück, drei kurdische Flüchtlinge bei mir im Haus wohnen zu haben, so dass ich ihnen weiterhin beim Deutschlernen beziehungsweise bei ihren Aufgaben, die sie von der Schule bekommen haben, helfen kann. Leider ist unser Grundschulprojekt zum Stillstand gekommen und alle Beteiligten sind zur Untätigkeit verdammt. Und auch das nigerianische Paar in Heiligenzell, zu denen ich in normalen Zeiten jede Woche fahre, um ihnen Deutsch beizubringen, muss auf meine Unterstützung verzichten.

Mund- und Nasenschutz bald für alle? – Foto: Martin Jäger / pixelio.de

Wofür mir aber umso mehr Zeit bleibt, ist Lesen: Im Bücherschrank stehen so viele Bücher, die ich immer schon ein zweites Mal lesen wollte. Und Neues, und ganz besonders Informatives, habe ich dem Buch Das verfallene Haus des Islam – Die religiösen Ursachen von Unfreiheit, Stagnation und Gewalt von Ruud Koopmans (CH Beck, München 2020) entnommen, das ich Euch allen wärmstens empfehlen möchte, quasi als Fortbildung im Rahmen unserer Arbeit mit Flüchtlingen aus islamisch geprägten Ländern (auch in Afrika). Ich musste etliche Vorurteile und „Kenntnisse“ revidieren. Ich wünsche Euch trotz aller Einschränkungen, und dass Ihr gesund bleibt.

Buchtipp: Das verfallene Haus des Islam – Die religiösen Ursachen von Unfreiheit, Stagnation und Gewalt von Ruud Koopmans (CH Beck, München 2020)

Evelyne Bayer

Sie hat im Rahmen ihres Deutsch-Unterrichts, den sie in Video-Konferenzen hält, unter ihren Schülern eine kleine Umfrage gemacht. Vier haben geantwortet. Die Antworten ähneln sich, aber sie machen deutlich, in welcher Situation sich Geflüchtete momentan befinden. Sie möchten im übrigen absolut anonym bleiben. Die Fragen lauteten:

  1. Was hat sich seit der Korona-Krise geändert für dich?
  2. Was vermisst Du vor allem?
  3. Wie oft hast Du Kontakte mit deiner Familie? Deinen Freunden?
  4. Wie verbringst Du den ganzen Tag?
  5. Wie und wo kann man sich schützen?
  6. Was belastet Dich am meisten? 
  7. Was wünschst du Dir vor allem?
Geflüchteter 1
  1. Ich gehe nicht aus. Ich halte Abstand zu Menschen. Ich lerne mehr Deutsch.
  2. Ich vermisse Kaffee im Cafe zu trinken.
  3. Ich rufe meine Familie jeden Tag an. Ich rufe mein Freunden einmal pro Woche an.
  4. Ich lerne Deutsch. Ich koche Essen. Ich lese buch. Ich gehe an der frischen Luft spazieren.
  5. Ich wasche mein hand für 20 sekunden. Wenn ich ausgehe, folge ich einer maske.
  6. Ich belaste in einer überfüllten Umgebung leben.
  7. Ich möchte , dass die Korona Krise bald endet.
Geflüchteter 2
  1. Alle ist gleich. 
  2. Ich sehne mich herbei am meisten mein Frau und mein Kinder. 
  3. Ich telefoniere mit mein Familie tägli und mein  Freundin oft. 
  4. Ich nach dem Frühstück bete, ich lese ein Bucher, ich lerne, fahre das Fahrrad, ich bereite das Abendessen vor, ich nach dem Abendessen, ich schaue einen Film, ich bete und ich schlaffe. Wir putzen jeden Samstag überall. 
  5. Wir halten diesen Ort sauber. Gott sei Dank sind wir hier gut.
  6. Ich bin weit von mein Familie. Ich kann immer noch kein Deutsch.
  7. Zunächst möchte ich meine Familie so schnell wie möglich hierher bringen. Aber ich kann das nicht tun, bevor das Sitzungspapier eintrifft. Ich muss warten Ich werde ein neues Leben beginnen, nachdem meine Familie hierher gekommen ist. Ich werde leben und frei sein können, wie ich es wünsche. Ich kann meine Kinder an der Schule einschreiben lassen, die ich möchte, und eine gute Ausbildung erhalten. Ich kann mit der Bank arbeiten, die ich will. Ich werde dem Studenten, den ich möchte, ein Stipendium geben und ich kann zu ihrer Ausbildung beitragen. Ich kann arbeiten, wo ich will und der Person helfen, die ich will. Ich kann armen Menschen helfen. Infolgedessen werde ich nicht beschuldigt und zum Terroristen erklärt. Wenn Sie diese Eigenschaften in der Türkei trägst wurde zum Verräter erklärt. Ich bin ein Freiwilliger der Gülen-Bewegung. Ich habe jahrelang kostenlos gearbeitet, um Menschen zu helfen, aber die Interessen der Politiker haben uns von unserem Zuhause, unserer Familie, unseren Lieben und unserer Heimat vertrieben. Ich war im Gefängnis jetzt, wenn ich in der Türkei geblieben war. Das ist meine Situation. Ich beschloss, in eine Gesellschaft von Menschen zu kommen, die Menschen als Menschen wertschätzen, respektieren und frei leben können. Jetzt bin ich hier, ich werde mit allem von vorne anfangen, ich werde das Leben weiterhin mit Hoffnung und Nutzen betrachten. (Leider habe ich diesen ganzen Teil mit Übersetzung geschrieben)
Dem Virus muss man auch in den Wohnheimen für Geflüchtete die Zähne zeigen. – Foto: Günther Gumhold / pixelio.de
Geflüchteter 3
  1. Ich habe mich nicht viel verändert. Ich kann nicht zum Deutschkurs gehen
  2. Ich vermisse meinem Familie
  3. Ich kontakte, jede tag meine Familie Und jede woche meine Freund
  4. Ich lerne Deutsch und fahre das Fahrrad
  5. Ich nicht glaube, dass unser im lager sicher ist. Wiel so viele menschen wochnen
  6. Nicht micht belastet. Aber es tut mir leid, kein Deutsch zu  sprechen.
  7. Meine Familie bei mir habe, Deutsch sprehen, Ich möchte der Wohltätigkeit für die Wohne stadt sein
Geflüchteter 4
  1. Draussen Kursh gar nicht.
  2. Ich vermisse mein früherer Leben.
  3. Ich habe Kontakte immer.
  4. Ich verbringe meinen ganzen Tag mit lesen und laufen und Film schauen.
  5. Ich denke ich kann mich nicht hier schützen und ich weiss nicht wo ich mich schützen.
  6. Krach belastet Mich am meisten.
  7. Ich wünsche Sitzung zulassen nehmen.

Evelyne Bayer nutzt während der Corona-Krise das Mittel der Videokonferenz, um ihren Schützlingen Deutsch beizubringen, schreibt die Badische Zeitung. Für diesen Zweck hätte sie gerne noch ein paar Laptops. Wer welche spenden kann, wendet sich per E-Mail-Adresse an sie: evelyne.bayer@gmail.com.

Günter Endres

Dieses Jahr ist anders, alles ist anders. Wir alle hoffen, dass wir vom Virus verschont werden, dass unsere Geflüchteten bei uns und die in den Lagern im gesamten Nahen Osten verschont werden und dass das Virus von der Wissenschaft so gut bekämpft werden kann, dass es keinen Schaden mehr anrichtet.

Am 1. April haben die Brüder Styrnol aus Lahr das Lied Side by Side veröffentlicht, das mein Sohn Gert komponiert und getextet hat und das der Welt in dieser Krise Mut machen will. Insgesamt 70 Musiker haben es einzeln aufgenommen und Maik Styrnol hat es zusammengebastelt. Tolle Arbeit!

Ein Lied aus Lahr zu Zeiten des Virus sollen den Menschen Mut machen. – Foto: Aka / pixelio.de

Fast 30 000 Leute haben es schon auf YouTube gehört und Lahrs Partnerstädte bekommen es als Mutmacher geschickt. Ich denke es lohnt sich mal reinzuhören, es ist ein Lied aus Lahr für die Welt.

Musiktipp: Der Song Side by Side ist auf YouTube zu hören und zu sehen.

Weitere Informationen zum Zustandekommen des Liedes gibt es bei der Badischen Zeitung und in der Lahrer Zeitung.