„Beeindruckt von der Arbeit des Lahrer Freundeskreises“

Den deutsch-jordanischen Reiseleiter Samir Amro hatten Ingrid und Heimfried Furrer auf einer von ihm geführten Gruppenreise durch Jordanien im Jahr 2008 kennengelernt. Amro ist nicht irgendein jordanischer Reiseleiter, er ist in Köln aufgewachsen und hat die deutsche Staatsangehörigkeit. Er spricht Deutsch, Arabisch und Englisch.

Samir Amro führt als selbständiger Unternehmer unter anderem auch ausländische Regierungsdelegationen durch sein Land und ist als Dolmetscher sowie als Vortragsreisender zu den verschiedensten Themen im Ausland gefragt. Im Jahr 2018 hat er die Furrers in Lahr besucht. Dabei entstand das folgende Interview, das nun mit einiger Verspätung veröffentlicht wird:


Titelfoto: privat

Reiseleiter Samir Amro bei seinem Besuch in Lahr


Heimfried Furrer: Samir, du kennst Deutschland sehr gut, weil du Deutscher bist und immer wieder Deutschland besuchst. Hat sich Deutschland verändert?

Samir Amro: Ja, sehr. Es ist durch die Ankunft von so vielen Flüchtlingen eine neue Situation entstanden, und in der haben die Hilfsbereitschaft, die Aufgeschlossenheit gegenüber den Neuankömmlingen und die Bereitschaft, Flüchtlinge an einem guten und menschenwürdigen Leben in Deutschland teilhaben zu lassen, mich positiv überrascht. Ich bin beeindruckt von der Arbeit des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr.

Heimfried Furrer vom Freundeskreis hat das Interview geführt. – Foto: Christoph Breithaupt

Heimfried Furrer: Wie unterscheidet sich das Leben in Deutschland von dem in Jordanien?

Samir Amro: Natürlich gibt es viele kulturelle Unterschiede zwischen einem orientalischen und einem abendländischen Land. Ich sehe aber vor allem viele Gemeinsamkeiten: In beiden Ländern leben verschiedene Bevölkerungsgruppen zusammen, und die Deutschen wie die Jordanier sind offenherzig. Jordaniens Bevölkerung von etwa sieben Millionen besteht zu mehr als 50 Prozent aus Palästinensern, also früheren Flüchtlingen. Nun sind noch 1,4 Millionen Flüchtlinge aus dem syrischen Bürgerkrieg und mehr als eine Million Iraker in Jordanien gestrandet.

Heimfried Furrer: Wie kann das Land dies bewältigen?

Samir Amro: Wir Jordanier sind offen und hilfsbereit. Wir sind immer schon multikulturell ausgerichtet gewesen. Dass die Flüchtlinge dieselbe Sprache sprechen wie wir, hilft natürlich. Trotzdem sind wir an unsere Grenzen gekommen. Wir haben große Hoffnung auf ein Ende der kriegerischen Auseinandersetzungen. Die Situation kostet uns viel Kraft und Aufwand, und Gottseidank erfahren wir internationale Solidarität, wie die Besuche deutscher Politiker gerade in den letzten Wochen in Jordanien gezeigt haben: Sowohl Präsident Steinmeier wie auch Bundeskanzlerin Merkel und Außenminister Maas haben unser Land besucht und Hilfe versprochen. Internationale Hilfsorganinsationen sind im Einsatz. Die immer schon bestehende Wasserknappheit hat sich verschärft. Es gibt Probleme bei der Stromversorgung. Und es besteht großer Bedarf an neuen Schulen.


„Alle Politiker sollten mehr das Wohlergehen der Menschen im Sinn haben und es über alles andere stellen.“

Samir Amro

Heimfried Furrer: Hat die Situation darüber hinaus auch Auswirkungen auf Dich und Deine Familie?

Samir Amro: Wir erleben die zunehmende Enge und Bevölkerungsverdichtung in der Hauptstadt Amman, in der wir leben. Diese Verdichtung gibt es vor allem noch in zwei weiteren Gebieten, nämlich an der syrischen Grenze und im Gebiet von Al-Asrak, dort wo auch die deutschen Soldaten stationiert sind. Als Reiseleiter erlebe ich diese Enge sehr oft.

Der Tempel des Herkules in Amman – Foto: pixabay.de

Heimfried Furrer: Unter welchen Bedingungen leben die Flüchtlinge in Jordanien?

Samir Amro: Meiner Meinung nach ist die Situation der Flüchtlinge, auch wenn sie in Zelten leben, erträglich und besser als anderswo. Das betrifft vor allem die gesundheitliche Versorgung und die schulische Situation. Ihre Not besteht vor allem in ihrer psychischen Verfassung, weil diese Leute alles verloren haben und ihre Hoffnung auf ein normales Leben immer mehr schwindet.

Heimfried Furrer: Was wünschen sich die Jordanier, was wünschst du dir von den Politikern?

Samir Amro: Alle Politiker sollten mehr das Wohlergehen der Menschen im Sinn haben und es über alles andere stellen, insbesondere über machtpolitische Interessen. Von den Politikern anderer Länder würde ich mir wünschen, dass sie Deutschland zum Vorbild nehmen und ähnliche Leistungen erbringen wie die Deutschen.

Zur Person

Den deutsch-jordanischen Reiseleiter Samir Amro haben Heimfried Furrer und seine Frau Ingrid, die inzwischen gestorben ist, auf einer von ihm geführten Gruppenreise durch Jordanien im Jahr 2008 kennengelernt. Ein im Jahr 2013 verabredeter Besuch der Familie Amro in Lahr scheiterte wegen eines Unfalls von Suad, Samirs Ehefrau. Samir schickte die vorgesehenen Gastgeschenke per Post. Schließlich klappte esendlich: Vom 9. bis zu 11. Juli 2018 besuchten Samir, seine Frau und ihre jüngste Tochter, die elfjährige Salam, die Furrers in Lahr. Samir Amro führt als selbständiger Unternehmer unter anderem auch ausländische Regierungsdelegationen durch sein Land und ist als Dolmetscher sowie als Vortragsreisender zu den verschiedensten Themen im Ausland gefragt. Samir begeisterte, wie auch die anderen Teilnehmer an seinen Reisen, die Furrers durch seine Kenntnis, seine Erzählgabe – und durch seinen Humor. Man freundete sich an und blieb in Kontakt per E-Mail. Samir Amro ist immer bestens über die Vorkommnisse in Deutschland informiert, gratuliert zu deutschen Sporterfolgen und bittet besorgt um nähere Informationen, wenn er zum Beispiel von Überschwemmungen in Deutschland gelesen hat.