Deutsch für Geflüchtete – eine der Kernaufgaben der Ehrenamtlichen

Mit Deutschunterricht fing es an. Schon 2014, noch vor der großen Flüchtlingswelle, gab es Lahrer Bürgerinnen und Bürger, die auf eigene Initiative ihre Hilfe in den staatlichen Flüchtlingsunterkünften anboten. Das Erlernen der deutschen Sprache, so hatten sie erkannt, ist eine Grundvoraussetzung dafür, dass die Menschen aus Eritrea, Gambia, Irak, Georgien oder Pakistan mit dem Leben in ihrem Zufluchtsland Deutschland zurecht kamen. Zu den „Pionieren“ gehörten damals zum Beispiel Gudrun Bertsche und Jürgen Siefert. Sana Alyaaqubi, selbst aus dem von Bomben und Raketen getroffenen Irak geflohen, engagierte sich ebenfalls für Geflüchtete und gab Deutschunterricht für Anfänger.

Eine weitere Gruppe stieß bald darauf dazu: Nach zwei Semestern „Deutsch lernen mittels deutscher Lieder“ waren aus der Gruppe, die sich 2014 wöchentlich zum Singen in der Volkshochschule traf, fast nur noch die Deutschen übriggeblieben. Die drei Organisatoren beschlossen deshalb, ihren Deutschunterricht ebenfalls in die Flüchtlingsunterkünfte zu verlegen.


Titelfoto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

Deutschunterricht im Begegnungshaus auf dem Urteilsplatz – ein Bild aus dem Jahr 2018.


Aus diesen Anfängen entstand schon Anfang 2015 der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr. Die Ehrenamtlichen erkannten bald, dass Hilfe auf vielen weiteren Gebieten notwendig war. Immer aber gab es Deutschkurse als eine der Hauptaufgaben der Integrationsarbeit, wie die Mitglieder sie verstanden.

Vor allem am Anfang war diese Arbeit schon deshalb von zentraler Wichtigkeit, weil das Engagement der Behörden auf diesem Gebiet erst verspätet und zögerlich anlief. Die vom Staat finanzierten Angebote verschiedener Organisationen und auch der Volkshochschule waren zudem nicht zahlreich genug, mit Kosten verbunden und an bestimmte Aufnahmebedingungen geknüpft. Lehrerinnen und Lehrer, die die vom Staat geforderte Qualifikation „Deutsch als Fremdsprache“ besaßen, gab es nicht genug; selbst für Fremdsprachenlehrer für Englisch, Französisch und andere Sprachen war der Erwerb dieser Qualifikation Bedingung für eine Beschäftigung.

Wer die deutsche Sprache auch schriftlich beherrscht, hat einen Vorteil. – Foto: pixabay.de

Die Ehrenamtlichen des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr mussten diese Bedingungen nicht beachten. Vielfach waren sie keine ausgebildeten Lehrerinnen und Lehrer, machten sich aber mit umso größerem Eifer an die Arbeit, tauschten sich aus, praktizierten die Methode „Learning by doing“, arbeiteten im Team und hospitierten bei Unterrichtenden, die schon versierter waren.

Viele „Flüchtlinge der ersten Stunde“ lernten so, und natürlich auch mit Hilfe des Internets, erfolgreich die deutsche Sprache und sind jetzt nach erfolgreicher Ausbildung in guten Berufen beschäftigt. Die Bedingungen waren schwer genug: Die Lerngruppen waren teilweise viel zu groß, das sprachliche und Bildungs-Niveau der Teilnehmer oft sehr unterschiedlich: Analphabeten und gebildete schnell Lernende gleichzeitig zu unterrichten, war und ist eine Sisyphus-Arbeit.

Nachhilfe für Migranten-Kinder

Ein Projekt des Freundeskreises Flüchtlinge, das von der Stadt Lahr unterstützt, vor allem aber durch großzügige Spenden ermöglicht wurde und wird, ist die Lern-Unterstützung von Grundschülern (Grundschul-Projekt). Seit fünf Jahren werden einzelne Migranten-Kinder an Grundschulen, die Bedarf angemeldet haben, in Einzelstunden bei den Hausaufgaben wie auch allgemein beim Deutsch-Lernen von Unterrichtenden, die vom Freundeskreis bezahlt werden, unterstützt. Die „Lehrer“, die mehrheitlich keine fachliche Ausbildung besaßen, tauschten sich intensiv aus und lernten dadurch voneinander.

Das ABC der Integration ist die Beherrschung der deutschen Sprache. – Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Immer häufiger konnten in den letzten Jahren Geflüchtete Kurse von kommerziellen Anbietern und der Volkshochschule besuchen. Die Kurse der Ehrenamtlichen hatten oft nur noch eine ergänzende Funktion beziehungsweise waren für diejenigen der Notanker, die es nicht in einen der angebotenen Kurse geschafft hatten.

Nach dem 24. Februar 2022 hat sich die Lage geändert. Seit dem russischen Überfall auf das benachbarte Brudervolk sind viele Geflüchtete aus der Ukraine nach Lahr gekommen. Die Nachfrage danach, die deutsche Sprache zu erlernen, ist groß bei ihnen. Das heutige Angebot an Sprachkursen ist erfreulich groß, wird aber bei einem weiteren Zustrom von Flüchtlingen nicht ausreichen.

Weitere Informationen: Viele Ehrenamtliche unterrichten Deutsch, auch bei den Ukrainern