„Augenlicht für Alia“: Das Ende einer erfolgreichen Spendenaktion

Die Aktion „Augenlicht für Alia“, die der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr Ende November 2020 ins Leben gerufen hatte, hat erst jetzt ein Ende gefunden – und ein glückliches dazu. Damals hatte Najah Mirav Sido, Mitglied des Sprecherteams des Freundeskreises, dazu aufgerufen, für die 14-jährige Kurdin Alia Geld zu spenden, um ihr Augenlicht zu erhalten. Innerhalb von zwei Monaten waren gut 15 000 Euro zusammen gekommen, ein Betrag, mit dessen Höhe niemand im Freundeskreis gerechnet hatte. Von dem Geld konnten neben Alia sieben weitere Kriegskinder im Norden Syriens medizinisch versorgt werden.

Zur Erinnerung: Alia war bei einem türkischen Bombenangriff auf ihre Heimatstadt Afrin schwer verletzt worden. Das rechte Auge war nicht mehr zu retten, das linke schwer geschädigt. Metallsplitter steckten in den Knochen und in der näheren Umgebung des Auges. Zudem war der Sehnerv beschädigt. Um zu verhindern, dass die verbleibende Sehkraft des verletzten Auges verloren ging, war eine Operation dringend notwendig.


Titelfoto: pixabay.de

„Augenlicht für Alia“ hieß die Aktion des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr, die zum Ziel hatte, dass die junge Kurdin Alia nicht erblindet.


Durch einen operativen Eingriff wurde das Augenlicht auf dem Auge gerettet. Und mit einer Knochentransplantation wurde die Augenhöhle des anderen Auges soweit rekonstruiert, dass ein Glasauge eingesetzt werden konnte. Das war aber erst jetzt, ein Jahr nach der Operation, möglich. Und nur so wollte Alia sich fotografieren lassen.

Alia – ein gutes Jahr nach ihrer Augenoperation – Foto: privat

Die komplizierte Operation Alias im syrischen Aleppo, an der vier Fachärzte beteiligt gewesen waren, kostete 10 000 Euro, statt der ursprünglich veranschlagten 12 000 Euro. Das hat dazu geführt, dass auch der 17-jährigen Dunya vom restlichen Spendengeld geholfen werden konnte. Bei ihr wurde ein verletztes Auge durch Implantation einer neuen Linse und Entfernung von Metallsplittern gerettet. Der kleinen Barvin, durch ihren Wasserkopf schwer behindert, konnte durch eine Rücken-OP dazu verholfen werden, dass sie laufen kann.

Ein weiteres Mädchen, Avrin, die ihre Schwester beim Beschuss des Autos ihrer Familie auf der Flucht verlor und die Verletzung ihrer schwangeren Mutter miterlebte, wartet seit fünf Jahren in Aleppo auf eine erforderliche Stammzellentransplantation für ihre schwere Rückenmarksverletzung. Das war nach Najah Mirav Sidos Erkundigungen bei Spezialisten in Dubai, Bahrain, Jordanien wie auch Deutschland nicht möglich, nur in den USA könnte diese OP vorgenommen werden. Immerhin konnte es Avrin durch Beschaffung von Beinschienen jetzt ermöglicht werden, zeitweise aufrecht zu stehen.

Alia – nach ihrer Verletzung durch Bombensplitter – Foto: privat

Avrins kleiner Bruder Chosnav, im Gesicht verletzt, kann nach einer Operation sein rechtes Auge wieder schließen. Des weiteren konnte einem fünfjährigen Mädchen, Fatme, eine Herz-OP in Damaskus bezahlt werden. Erfolgreich war auch die Nierentransplantation von Jihan, die von ihrer Mutter eine Niere gespendet bekam. Hier trugen Freunde und Verwandte des Mädchens den Hauptanteil der Kosten, der Freundeskreis beteiligte sich mit 1000 Euro. Auch für Zinabs Schilddrüsen-OP und Hasans operative Entfernung eines Tumors im Bein war noch Geld vorhanden.

Leider ohne Erfolg blieb die Medikamenten-Behandlung für Ahmed, einen lebergeschädigten jungen Mann, der vor der notwendigen Operation gestorben ist, ebenso wie für Ibrahim, der an einem Hirntumor starb.

Alia – vor ihrer Verletzung – Foto: privat

Möglich wurde die medizinische Hilfe für die Kriegskinder durch den unermüdlichen Einsatz von Najah Mirav Sido. Die Kurdin war zusammen mit ihren Kindern vor fünf Jahren aus Syrien geflohen. In unzähligen Telefonaten und E-Mails hat sie die Behandlung der Kinder von Lahr aus organisiert und ausgehandelt.

Und Alia? „Mit dem Glasauge habe ich wieder ein normales Gesicht. Und das verletzte Auge kann wieder zu 100 Prozent sehen. Es ist wie ein Wunder“, sagt sie. Ein Wunder, das durch die Mitmenschlichkeit der Spenderinnen und Spender aus Lahr und im Umland möglich wurde, für das Alia ihnen unendlich dankbar ist.

Najah Mirav Sido

Geboren in Afrin, Kurdenstadt in Syrien, heute von türkischen Soldaten besetzt. Abitur, danach Lehrerin für die (offiziell verbotene) kurdische Sprache. Mit ihren zwei Kindern, damals zwölf und neun Jahre alt, aus dem unter Dauerbeschuss stehenden Aleppo 2018 geflohen. In Deutschland Engagement für kurdische Flüchtlinge. Schilderung ihres Schicksals in der Ausstellung über Flüchtlinge im Lahrer Stadtmuseum 2019 – zu finden auf der Website des Freundeskreises. Vortrag über ihre Flucht bei der Lahrer Feier zum Volkstrauertag 2019. Deutschunterricht für kurdische Geflüchtete. Anlaufstelle für kurdische Flüchtlinge. Mitarbeit im Freundeskreis Flüchtlinge Lahr, seit 2020 Mitglied im Sprecherteam. Stellvertretendes Mitglied im Interkulturellen Beirat der Stadt.

Najah Mirav Sido hat die Hilfsaktion organisiert. – Foto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr

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