Nein, ich lebe! / Ich werde ewig leben! / Ich habe in meinem Herzen / Was nicht stirbt.
Dieses Zitat aus einem Gedicht der freiheitsliebenden ukrainischen Dichterin Lessja Ukrajinka stand auf einem der Textröllchen, liebevoll mit Bändchen in den Nationalfarben Blau und Gelb verschnürt, die die Gäste des Café International am Freitag, 24. Februar 2023, vor sich auf den Tischen fanden. Es war der Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine, und eine große Zahl ukrainischer Frauen in Lahr hatten im Café eine Gedenkfeier organisiert, die äußerst bewegend, ja überwältigend war.
Rund 200 Gäste waren gekommen, eine noch nie zuvor erreichte Zahl, die den großen Gemeindesaal am Doler Platz bis an den Rand seiner Kapazität füllte. Sie erlebten eine Abfolge von Programmpunkten, die sprachlos machten. Zahlreiche Anwesende, nicht nur Frauen und Kinder aus der Ukraine, hörten mit Tränen in den Augen, was ihnen da dargeboten wurde.
Titelfoto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr
Überall blau und gelb: Die Farben der ukrainischen Flagge waren im Café international allerorten präsent.
Mit großem Pathos vorgetragene Gedichte, unter anderem vom ukrainischen Nationaldichter Taras Schewtschenko, Lieder, solo und im Chor gesungen, eine Band mit Sängerin, ein ausdrucksvoller Tanz, Bilder aus Städten vor und nach der Zerstörung durch die russischen Raketen, Vieles mit schriftlicher Übersetzung – es war eine atemberaubende Abfolge von Eindrücken, die nur schwer zu verkraften waren.
Im Mittelpunkt stand der Vortrag von Nina, den niemand der Anwesenden je vergessen wird: Sie berichtete über das Schicksal ihrer Familie, die Trennung von ihrem Mann und dem ältesten Sohn, beide im militärischen Einsatz in der Heimat, und über ihre Flucht mit den beiden Töchtern und dem kleinen Sohn mit Down-Syndrom, die im Café anwesend waren. Es war eine Liebeserklärung an ihre beiden Männer und gleichzeitig sowohl eine Klage über die Trennung und Ungewissheit als auch eine Lobpreisung der „Helden“, wie die Ukrainerinnen ihre kämpfenden Männer durchweg bezeichneten.
Ihr Mann verwundet und nach seiner Behandlung im Ausland wieder zurückgekehrt um zu kämpfen, und ihr Sohn, Militärarzt und in russischer Gefangenschaft, der Eine aus Sicherheitsgründen telefonisch kaum erreichbar, der Andere mit ungewissem Aufenthaltsort und ohne dass die Familie weiß, ob er noch am Leben ist – was diese starke Frau den Mut hatte vorzutragen, war erschütternd.
Ninas mit zahlreichen Bildern illustrierte Worte wurden, wie auch viele andere Beiträge, von Sascha Valter gekonnt übersetzt. Sascha hatte auch auf Anregung des Freundeskreises mit zahlreichen Ukrainerinnen das Programm entworfen und bis in kleinste liebevolle Details gestaltet. Da wurden fast jeder der Gäste mit einer Ansteckschleife in Blau und Geld ausgestattet, die Tische entsprechend dekoriert, Fähnchen verteilt. Und die Tische für das Buffet reichten kaum aus für die Fülle von Köstlichkeiten (einschließlich Kaviarhäppchen), die die Ukrainerinnen mitgebracht hatten.
Die Deutschen und die Geflüchteten aus anderen Ländern erlebten eine Demonstration ukrainischer Frauen-Power und des Durchhaltewillens dieser Menschen. Im Grunde war es aber hauptsächlich eine Feier für die anwesenden Menschen aus der Ukraine selbst, eine Bestärkung ihrer Gemeinschaft und gegenseitige Bekräftigung ihrer ungebrochenen Hoffnung auf ein Ende des Krieges.
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