Von Schlüsseln und Schlössern in der Fahrrad-Werkstatt

Jahresrückblick diesmal ganz anders: Was so alles beim Freundeskreis Flüchtlinge Lahr im Jahr 2004 passiert ist, gibt es in einem tabellarischen Rückblick. Es gibt aber einen ausführlicheren Rückblick zu einem der vielen Aspekte aus der Arbeit des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr. Dabei geht es um die Fahrrad-Werkstatt. Und zu diesem Thema gibt es auch noch ein Gedicht von Heimfried Furrer.

Gleich zu Beginn des neuen Jahres 2024 hatten sich die drei deutschen Organisatoren der Werkstatt getroffen, um Lehren aus der Werkstatt 2023 zu ziehen und in ein neues Konzept für das neue Jahr einfließen zu lassen. Wenn die Drei allerdings damals schon gewusst hätten, welch große Bedeutung im Jahr 2024 Schlüssel und Schlösser haben würden, wären sie nicht in einem Café auf dem Marktplatz zusammen gekommen, sondern sicherlich in einem Café beim Busbahnhof Schlüssel. Das würde diese Geschichte jetzt noch etwas runder machen. Aber man kann nicht alles haben.


Titelfoto: ChatGPT

Ein solches Foto zum Thema Schlüssel liefert uns die Künstliche Intelligenz nach entsprechenden Angaben der natürlichen Intelligenz.


Apropos neues Konzept: Dazu zählte unter anderem auch, dass die Menschen zusätzlich zum Samstagvormittag auch noch mittwochs am späten Nachmittag gebrauchte Fahrräder als Spende in den Schlachthof bringen konnten. Dort befindet sich die Werkstatt.

Und gleich am ersten Mittwoch im April wurde eine bislang nie erreichte Rekordzahl verzeichnet. Spender und Spenderinnen brachten insgesamt 45 Fahrräder zur Werkstatt – in unterschiedlichem Zustand. Sie waren auch unterschiedlich mit Schlössern ausgestattet, die bei potentiellen Käufern immer sehr gefragt sind. Viele der Räder verfügten aber über kein Schloss, andere schon, aber der Schlüssel fehlte und nur die wenigsten Räder waren so ausgestattet, dass sie wirkungsvoll gegen Diebstahl geschützt werden konnten.

Diese Vielzahl an Fahrrädern würde am darauffolgenden Samstag, dem Tag, an dem die Werkstatt zum ersten Mal öffnete, viel Arbeit bedeuten. Das war allen Beteiligten klar. Doch zunächst einmal sah es so aus, als würden an diesem Tag überhaupt keine Fahrräder repariert werden können. Und das lag am Tor zum Hinterhof des Schlachthofs, in dem sich die Werkstatt befindet. Das Tor war nämlich verschlossen. Im Vorjahr hatte es das nie gegeben, dass dieses Tor samstags noch um 10 Uhr verschlossen war. Doch inzwischen hatte der Schließdienst gewechselt und der hatte es wohl mit dem Aufschließen nicht mehr so eilig.

Und so stellt sich die Künstliche Intelligenz eine Fahrrad-Werkstatt mit Flüchtlingen vor – kommt der Realität durchaus ein Stück nahe. – Foto: ChatGPT

Dass sich das Team von Migranten aus der Türkei, aus der Ukraine, Syrien und aus Palästina an diesem Tag doch noch den Rädern widmen konnte, hatte mit einem Zufall zu tun. Am Vorabend hatte es ein Konzert der Lahrer Rockwerkstatt im Schlachthof gegeben. Der Vorsitzende des Vereins war an diesem Samstagmorgen zufällig mit Aufräumarbeiten beschäftigt und bemerkte das Dilemma, dass das Projektteam vor verschlossenem Tor stand. Der Vorsitzende ist – zum Glück – mit den notwendigen Schlüsseln für das Areal ausgestattet. Und so stand der Arbeit in der Werkstatt nichts mehr im Weg.

Apropos Weg beziehungsweise besser weg: An diesem Samstag wurden ein Dutzend Fahrräder wieder flott gemacht und vor der Werkstatt – im Freien – mit Ketten und Schlössern gesichert. In der abschließbaren Werkstatt konnten sie nicht bleiben, da dieser Raum auch von anderen Gruppen genutzt wird. Aber diese Art der Lagerung von Rädern hatte zur Folge, dass sie ein paar Tage später weg waren – allesamt. Die Schlösser waren von Dieben geknackt worden.

Dieses betrübliche Ereignis wiederum hatte zur Folge, dass das Schlachthof-Team dem Werkstatt-Team einen Raum auf der Südseite des Areals zuwies, den man abschließen konnte. Fortan also waren die gelagerten Räder vor Dieben sicher. Und das Reparatur-Team um einen Schlüssel reicher. Allerdings gab es für die Tür zum Lager nur ein einziges Exemplar, auf den auch der Schlachthof zurückgreifen muss.

Zur Lösung des Problems wurde in der Werkstatt ein Schlüsselkästchen mit Zahlencode angebracht, auf das sowohl der Schlachthof als auch der Freundeskreis Zugriff hat. In diesem Kästchen befindet sich auch ein zweiter Schlüssel, der den Zugang zu den Toiletten gewährleistet. Eigentlich wäre es die Aufgabe des Schlüsseldienstes, die Toiletten rechtzeitig aufzuschließen, aber der Dienst hat es – wie bereits erwähnt – samstags nicht so besonders eilig.


„Jetzt auch noch ein Schlüsselkasten mit Zahlencode“

Freundeskreis Flüchtlinge

Keine Eile hatte auch einer der deutschen Organisatoren der Werkstatt, der im letzten Monat des Jahres noch ein gebrauchtes Rad im Lager unterstellen wollte. Ging aber nicht, der Schlüssel war weg. Und er blieb auch eine ganze Weile verschollen. Schließlich gab der Schlachthof Entwarnung zum Jahresende 2024. Er war doch wieder aufgetaucht, lag vor der Tür am Boden.

Ende gut, alles gut? Nein. Gleich zu Beginn des neues Jahres wurde ein Ersatzteil aus dem Fahrrad-Lager benötigt. Der Schlüssel zum Lager befand sich allerdings nicht, wie eigentlich erwartet, im Schlüsselkasten in der Werkstatt. Wo genau er sich befindet, weiß nur einer aus dem Schlachthof-Team, war zu erfahren. Und der befand sich gerade nicht im Dienst – krankheitsbedingt.

Einer Fahrrad-Werkstatt im vierten Jahr in Folge steht trotzdem nichts Ernsthaftes entgegen. Das Orga-Team wird wohl noch im Januar beraten, welche Verbesserungen im Jahr 2025 greifen könnten. Zum Beispiel, indem man von dem Schlüssel zum Fahrrad-Lager eine Kopie anfertigen lässt. Ob diesmal das Café beim Busbahnhof Schlüssel der Treffpunkt für das Orga-Team sein wird? Kann schon sein.

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