Es kommt nicht oft vor, dass eine junge Frau im Schülerinnen-Alter durch ihr besonderes Engagement die „alten Hasen“ des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr (FFL) tief beeindruckt. Greta Thunberg ist das weltweit gelungen. Aber auch im kleineren Maßstab, auf lokaler Ebene, gibt es junge Menschen, die Beispielhaftes leisten. Wenn es sich um solche mit Migrationshintergrund handelt, ist das ganz besonders lobenswert, weil allein schon die schulischen Anforderungen für sie mit mehr Anstrengungen verbunden sind und vollen Einsatz verlangen.
Auch in Lahr gibt es solche Menschen. Eine davon ist Tahere Hossaini, eine 18-jährige junge Frau, die vom nächsten Schuljahr an das Integrierte Berufliche Gymnasium besuchen will, um ihr Abitur zu machen. Danach will sie Zahnmedizin studieren. Sie engagiert sich im Freundeskreis Flüchtlinge, zum Beispiel im Café international, singt und spielt in der Flüchtlingsband The Worlderers. Ihr neuestes Anliegen: Sie sammelt Spenden für einen jungen Mann im Iran, der dringend operiert werden muss. Andernfalls verliert er seine Arme.
Titelfoto: Freundeskreis Flüchtlinge Lahr
Viel Applaus für Tahere, die im Café international ihren 18. Geburtstag feiert.
Das Besondere an Tahere: Sie ist das Kind von Flüchtlingen, Mutter und Vater sind Afghanen, der Vater im Iran geboren. Das Ehepaar ist mit der elfjährigen Tahere auf beschwerlichem Weg und meist zu Fuß über die Türkei und mit dem Boot über das Meer nach Griechenland geflohen. Im Iran wären sie fast erschossen worden. Die Familie wurde dort gefangengenommen und musste ihre Freilassung mit sehr viel Geld erkaufen.
In Deutschland kamen die Flüchtlinge über Sigmaringen für zunächst 14 Tage in die Erstaufnahmeeinrichtung nach Heidelberg, dann Unterbringung in Containern, jeweils für ein Jahr zuerst in Lahr und dann in Seelbach. Nach zwei Jahren in Schuttertal ist die Familie dann endlich in eine Wohnung in Lahr umgezogen. Die Eltern sprechen inzwischen recht gut Deutsch. Tahere hat in Seelbach ihren Realschulabschluss gemacht.
„Ich kenne sie, seitdem sie in meine 6. Klasse kam. Sie ist sehr kommunikativ, fand schnell Anschluss. Sie ist äußerst selbstbewusst, aber auch sehr höflich,“ sagt eine Freundin und Klassenkameradin. Sie betont auch Taheres soziales Engagement. Sie habe sich immer gemeldet, wenn Freiwillige gesucht wurden und machte von Anfang an vier Jahre lang bei den Schulsanitätern mit. Tahere ist sportlich und turnt beim TV Lahr, wo sie auch eine Gruppe anleitete. Wegen der schulischen Belastung macht sie da allerdings im Augenblick Pause.
Dem Freundeskreis Flüchtlinge Lahr wurde sie zum ersten Mal als Sängerin und Keyboarderin in der Flüchtlings-Band The Worlderers von Bandleader Herbie Wickertsheim bekannt. Die selbstbewusste junge Frau nahm bald auch an den monatlichen Plenums-Versammlungen teil, wo sie sich ohne Scheu zu Wort meldet und rege an den Diskussionen teilnimmt. Sie arbeitet auch mit beim Deutschunterricht eines Fortgeschrittenen-Kurses in der staatlichen Unterkunft.
An den Planungsgesprächen zur Vorbereitung des Cafés international war sie beteiligt, und als das Café in seiner neuen, jetzt wöchentlich stattfindenden Form seinen Betrieb aufnahm, arbeitete sie sofort im kleinen Theken-Team mit, in dem sie regelmäßig tatkräftig hilft. Sie hat darüber hinaus in eigener Initiative die Rolle als Serviererin übernommen und kümmert sich rege um das Wohl der Gäste. Kein Wunder, dass ihr 18. Geburtstag im Mai dieses Jahres für alle im Café Anwesenden Anlass war, sie herzlich zu beglückwünschen und mit ihr zu feiern.
„Tahere ist ein Vorbild des Einsatzes für andere. Sie erfüllt perfekt, was die Mitglieder des Freundeskreises anstreben: Dass sich bereits integrierte Geflüchtete für die Menschen einsetzen, die erst vor kürzerer Zeit in Deutschland angekommen sind und für die die Sprache, das kulturelle Wissen und die spezifischen Erfahrungen und Kontakte der Integrierten wichtig sind“, lobt Heimfried Furrer die junge Frau. Furrer ist einer der Sprecher des Freundeskreises Flüchtlinge Lahr.
Ihr jüngstes Engagement gilt dem Spendenaufruf für einen schwer verletzen jungen Mann im Iran. Von dort erhielt sie die Nachricht, dass einem jungen Mann, einem Freund ihres Vaters, bei der Arbeit durch einen Stromschlag beide Arme fast vollständig abgerissen worden waren. Zur Zeit hat man die Arme in den Körper eingepflanzt, damit sie nicht total absterben und damit man sie noch retten kann. Will man das tun, ist eine baldige Operation notwendig, die rund 10 000 Euro kostet – wie dort üblich, nur gegen Vorauszahlung, und eine Versicherung besteht natürlich nicht.
Eine kaum aufzubringende Summe, aber Tahere hat sich zum Ziel gesetzt, die Operation zumindest eines Armes zu ermöglichen. Einen kleinen Teil des Geldes hat sie in Form von Spenden schon zusammen und finanziert damit wenigstens den Krankenhausaufenthalt. Die Verwandten des Mannes machen alles zu Geld, was sie entbehren können, um diese Operation zu ermöglichen. Auch der Freundeskreis Flüchtlinge Lahr hat sich an der Aktion beteiligt. Wer ebenfalls einen Beitrag leisten möchte, kann dies durch eine Einzahlung auf das Spendenkonto des FFL bei der Volksbank tun (Stichwort Tahere). Die junge Frau wäre überglücklich.
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